Verkehrt herum – Die Steißlage

Ich habe mich so auf eine normale Entbindung gefreut, wollte alles bewusst miterleben. Jetzt wird es mit großer Wahrscheinlichkeit ein Kaiserschnitt“, erzählt Frau Meisel bedrückt. Die Niederösterreicherin teilt ihr Schicksal mit rund fünf Prozent aller Schwangeren, deren Sprösslinge sich den „verkehrten“ Weg in die Welt ausgesucht haben. Renate Großbichler, Präsidentin des österreichischen Hebammengremiums, erklärt: „Es gibt drei Arten von Lageanomalien. Am häufigsten ist die reine Steißlage (Po nach unten), sehr selten kommt die Steiß- Fußlage vor, etwas öfter die Fuß- oder Knielage.

Ich rate allen werdenden Müttern, in dieser Situation nur nicht zu verzagen, es besteht bis zum Schluss der Schwangerschaft Hoffnung, dass sich das Baby doch noch zur Kopf-voran- Position ,überreden’ lässt!“ Normalerweise drehen sich Sprösslinge zwischen der 28. und 33. Woche in die endgültige Lage. Prinzipiell kann eine spontane Drehung immer vorkommen, allerdings wird sie immer unwahrscheinlicher, je weiter die Schwangerschaft fortgeschritten ist.

Hat man bis 1996 in Österreich Steißlagen durchaus noch vaginal entbunden, ist man seither davon abgekommen. Zu hoch erscheint das Risiko von Komplikationen. „Ältere Hebammen und Gynäkologen verstehen sich zwar noch auf vaginale Geburten bei Beckenendlage, es fehlt ihnen aber mittlerweile die Routine; und jüngere haben keinerlei Erfahrung auf diesem Gebiet“, meint Frau Großbichler.

Warum eine Steißlage?

Warum manche Babys „verkehrt herum” liegen, wissen auch die Experten nicht immer. „Das kann man zu 90 Prozent nicht sagen. Nach der Geburt findet sich manchmal eine Erklärung. Zum Beispiel ist die Nabelschnur zu kurz gewesen und hat sich eng um den Hals geschlungen. Oder die Plazenta hat sich vor dem Muttermund versteckt“, so Großbichler.

Kann man das Baby zu einer Drehung bringen?

„Falls Ihr Baby mit dem Po voran auf die Welt kommen möchte, brauchen Sie sich keineswegs mit diesem Schicksal abzufinden! Ab der 34. Woche können Sie Maßnahmen treffen, den Winzling in eine Schädellage zu locken. ,Meinen’ Frauen rate ich mit sanften Methoden wie Homöopathie (Pulsatilla, Sepia) zu beginnen.“

Falls der kleine Mensch trotzdem keinen Grund sieht, seinen Po zu bewegen, rät die Hebamme dazu, Akupunktur und anderes einzusetzen. Moxen bzw. Akupunktur: Am seitlichen Nagelwinkel der kleinen Zehe (Blase 67) werden senkrecht beidseitig 1 bis 2 Millimeter tief Akupunkturnadeln gesetzt und mit einer Moxazigarre (Beifußkraut) leicht erhitzt. So wird dieser Punkt gereizt. Je nach seiner Lage verspürt das Baby bei Po oder Füßen ein unangenehmes Wärmegefühl.

Im Idealfall entscheidet es sich für eine Kehrtwendung. Wer lieber den sportlichen Weg geht, probiert es einmal mit der Indischen Brücke. Eine mögliche Übung: Der Partner sitzt mit leicht gegrätschten Beinen am Boden, die Frau liegt mit dem Rücken zwischen seinen Beinen, das Becken hochgelagert auf seinen Oberschenkeln, die Beine über seinen Schultern. Alternative für jene, die den werdenden Vater nicht als Turngerät „missbrauchen“ wollen: Pölster unter den Po schieben und die Beine an der Wand hochstellen. Diese Lage sollte ein- bis zweimal täglich rund 10 bis 15 Minuten lang eingenommen werden. Üben Sie nie alleine, da es zum kurzfristigen Abdrücken der großen unteren Hohlvene kommen kann.

Das beeinträchtigt den Blutrückstrom zum Herzen, in der Folge können massive Kreislaufprobleme auftreten, die bis zur Ohnmacht führen! Wenn Sie spüren, dass sich Ihr Baby zu drehen beginnt, die Übung nicht mehr fortsetzen, sondern möglichst bald den Gynäkologen aufsuchen. Mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung stellt er fest, ob sich der Nachwuchs tatsächlich zur Umkehr entschlossen hat. Falls diese eher sanften Methoden nicht fruchten, besteht noch die Möglichkeit einer äußeren Wendung.

„Die Patientinnen werden jedoch vorher aufgeklärt, dass dies mit einigen Risiken verbunden ist. So könnte sich die Plazenta vorzeitig lösen oder die Nabelschnur um den Hals wickeln. Mitunter kann der Vorgang auch als schmerzhaft empfunden werden. Dabei wird zunächst eine 20-minütige Überwachung der Herztöne des Babys mittels CTG vorgenommen, gleichzeitig eine wehenhemmende Infusion verabreicht. Danach versucht der Gynäkologe oder die Hebamme mit Hilfe der Hände das Baby von außen zu wenden. Die Erfolgschancen liegen immerhin bei 70 Prozent.

In jedem Fall ist es wichtig, dass Sie sich mit Ihrem Gynäkologen oder der Hebamme genau absprechen. Lassen Sie zu nichts überreden! In erster Linie müssen Sie sich wohlfühlen“, stellt Renate Großbichler klar.
Wann sind die Erfolgschancen für eine „Umkehr“ am größten?

Über gute Chancen, dass sich der Zwerg in die ideale Kopf-voran-Position bewegt, verfügen Frauen, die schon ein Kind geboren haben. Die Plazenta sollte sich an der Hinterwand der Gebärmutter befinden, die Fruchtwassermenge nicht vermindert und das Baby eher klein sein.

Bis wann kann sich das Baby aus der Steißlage drehen?

Im Grunde bis zum Ende der Schwangerschaft – deshalb sollte die Steißlage alleine nicht unbedingt Grund für einen frühzeitigen Kaiserschnitt darstellen. Wenn das Kind in der 36. Woche noch falsch kiegt, wird man über den Kaiserschnitt reden und ihn wahrscheinlich 10 bis 12 Tage vor dem errechneten Geburtstermin durchführen.

Warum ist eine vaginale Beckenendlagen- Entbindung bei einer Steißlage riskant?

Der Steiß oder die Füße sind weniger geeignet, den Geburtsweg auszudehnen. Wenn der Steiß geboren ist, dann wird die Nabelschnur abgedrückt – der Kopf steckt aber noch in der Gebärmutter. Das ist der gefährlichste Zeitpunkt: Es entsteht hoher Druck, gleichzeitig eine starke Zugbelastung auf das Köpfchen und die Wirbelsäule.

Vor allem bei größeren Kindern (über 3800g) steigt die Gefahr, dass sie im Geburtskanal stecken bleiben. Vaginale Steißgeburten verlaufen langsamer und führen eher zur Erschöpfung der werdenden Mutter. Für einen Kaiserschnitt spricht auch, dass erst gar keine Wehen auftreten sollten, da dies die Komplikationsrate wieder ansteigen lässt (Nabelschnurvorfall). Und bei Steißgeburten kann man nicht mit einer Saugglocke oder Zange eingreifen, sondern muss letztendlich doch einen Schnitt durchführen …

Wie finde ich die passende Geburtsklinik?

Nehmen Sie sich Zeit und treffen Sie nicht erst kurz vor der Entbindung eine Entscheidung! Es gibt immer wieder Tage der offenen Tür. Besichtigen Sie die Kreißsäle, erkundigen Sie sich, ob die Klinik auch auf Beckenendlage- Geburten spezialisiert ist.

Bedenken Sie, dass Sie sich wohlfühlen müssen … und das alleine zählt letztlich! Katharina Meisel ist jedenfalls noch voller Hoffnung: „Ich habe mit meiner Hebamme vereinbart, dass ich zunächst versuche, mein Baby mit Homöopathie zu einer Wendung zu überreden.

Doch ich habe mich mittlerweile auch schon auf einen eventuellen Kaiserschnitt eingestellt. Im Endeffekt ist ja das Wichtigste, dass unser heiß ersehntes Baby einfach gesund ist“, strahlt die werdende Mutter nun wieder zuversichtlicher.

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Mag. Barbara Windisch

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