Raus aus dem Bett!

Na endlich – die Taschentuchvertreiber in Österreich atmeten auf: “Titanic”, der Jahrhundert-Schmachtschinken mit Leo DiCaprio in engelhafter Kruste, lief im Fernsehen. Natürlich warteten wir doch seit den ersten Minuten alle darauf: Dass sie es endlich endlich tun. Und dann, nachdem sie die besten Gelegenheiten versiebt haben, zieht Kate ihren Leo auf den Echtholz-Rücksitz eines 1912er-Autos. Konnten Sie auch spüren, wie DiCaprios Luxus-Wirbelsäule über den Holzrahmen schrammte? Und wie die jungfräuliche Kate bei jeder Bewegung über die Sitzkante zu kippen drohte? Nun, meins wär das nicht. Wenn schon ungewöhnlich, dann lieber ungewöhnlich nett.

Routine ist fein. Und dient natürlich als gutes Mittel zum Hormondampfablassen genauso wie als erfreuliches Möbel in einer gut gestalteten Beziehung. Aber den großen Kick bringt routinierter Sex eben doch nicht. Und spätestens, wenn sie beim Anblick des nackten Partners unwillkürlich mit einem “Ist dir nicht kalt, Liebes?” reagieren, suchen viele Paare nach etwas Abwechslung. Und finden sie auch. Überall. Nur eben nicht im eigenen Bett.

Liebe lieber ungewöhnlich

Ein kleines bisschen Schmutz unter den Fingernägeln… Nach ein paar Jahren Beziehung hat auch der wildeste Sex meist den Geruch von frisch gebügelter Baumwolle angenommen: bieder, irgendwie. Schade, denn ein paar Schmutzflecken auf der Bettwäsche bieten Stoff für Fantasie. Und wer sich traut, setzt seine Ideen in die Tat um.
Dieser Meinung ist auch Olivia, 42. “Auf dem Autorücksitz, das hat etwas Teeniehaftes, oder? Wenn schon, denn schon! Die beste Idee hatte da mein Freund: Er schenkte uns einen Hotelgutschein – für zwei Stunden. Erst hab ich ja gar nicht verstanden, worauf er hinwill, aber dann…Wie oft haben wir schon Gelegenheit, ein Stundenhotel live zu erleben?

Als wir ankamen, war ich von der Geschäftsmäßigkeit des Concierge überrascht. Kein öliges Grinsen, keine anzügliche Bemerkung. Geld hin, Schlüssel her, fertig. Und auch das Zimmer war eher nüchtern, sauber und völlig unpersönlich. Dann saßen wir also auf der Bettkante und mussten uns erst einmal die Peinlichkeit weglachen. Den Rest der zwei Stunden haben wir dann fein ausgenutzt. Und für den nächsten Gutschein meines Freundes, da wünsche ich mir wieder eine kreative Idee.”

Kreativ waren auch Fabian, 28, und Marie-Christine, 30. Sie beschlossen, einen Swinger-Club auszuprobieren. “Die Idee kam aus einer nicht ganz nüchternen Laune heraus – einmal einen Club besuchen, nur zum Anschauen. Von Anfang an war klar: Es ging nicht um Sex mit anderen Partnern, das wollten wir beide nicht. Wir wollten eben nur das Feeling auskosten.

Dabei war es dort eher komisch, alles so bemüht auf Sex ausgelegt. Und die Vorstellung, dass vorwiegend gut gebaute, interessante Menschen in Clubs gehen, die haben wir nach wenigen Minuten begraben. Andererseits – die Stimmung war natürlich schon sehr aufgeladen. Und ich gebe zu, sie hat auch auf uns gewirkt.” Trotzdem, ein weiterer Clubbesuch ist nicht geplant.

Sehen und gesehen werden…

Sex in der Öffentlichkeit – vom gemütlichen Streicheln, einem langen Vorspiel und vertrauten Nachher kann da nicht besonders viel erlebt werden. Und doch – irgendein Reiz muss doch dabei sein! Nun, als unser Sexleben noch in seinen Teenieschuhen steckte, da blieb uns wohl nichts anderes übrig: Direkt erlaubt wars ja nicht – aber was sollte man denn anderes tun?

Und wo sollte man es tun, wenn nicht in Kino und Co? Ein paar Stückchen dieser Gedanken wirbeln immer noch durch unsere Hormondrüsen: Hat was, wenn’s verboten ist. Erwischt werden ist nicht spannend – aber die Angst davor umso mehr.

Das findet auch Sami, 29. “Ich gehe gerne mit meiner Freundin ins Kino. Wenn man einen nicht allzu gut besuchten Film auswählt, vor allem am Nachmittag, dann hat man gute Chancen ziemlich allein zu sein. Und falls doch fünf Reihen entfernt jemand sitzt, dann muss er ja nicht alles mitkriegen, oder? Ob man mich schon einmal erwischt hat?

Nein, nicht wirklich. Die meisten Leute schauen weg oder grinsen eben. Sollen sie. Vielleicht bringe ich sie ja auch auf eine Idee. Meine Lieblingsfantasie ist aber der Aufzug. Allerdings…es müsste schon ein sehr hohes Haus sein…”

Julia, 32, erinnert sich gern: “Das war eine ganz spontane Geschichte, beim Winterschlussverkauf. Mein Mann und ich waren beide schon ziemlich genervt von all dem Gerenne und Gestöbere. Dann fand ich doch noch einen Schi-Overall und ich rief Thomas zur Kabine um mir seine Meinung anzuhören.

Aber statt nur die Falttür einen Spalt zur Seite zu schieben, kam er herein. Und dann half er mir beim Ausziehen…Ich starb tausend Tode: Die Leute da draußen und daneben mussten doch etwas mitkriegen! Und andererseits war mir das dann auch wieder egal – die fünf Minuten konnten die auch noch warten. Den Schi-Overall habe ich dann übrigens doch nicht genommen. Zum Alleine-Ausziehen war er mit viel zu umständlich.”

Gut geplant ist halb geliebt…

Haben Sie schon einmal ihren Sex geplant? Nein? Dann probieren Sie es einmal aus: Schon die Vorfreude ist ziemlich erotisch – egal, ob Sie Ihre Ideen alleine oder zu zweit entwerfen. Und auch wenn der Aufwand vielleicht recht groß ist, er lohnt sich bestimmt.
Hoch hinaus zog es Lara, 37. “Mein Mann schenkte mir zu unserem 14. Kennenlern-Tag eine Fahrt mit dem Riesenrad. Ich habe wohl etwas verblüfft geschaut, als ich den Gutschein auspackte – wie kam er nur auf so was? Aber er meinte, er hätte sich etwas ausgedacht und grinste dreckig.

Wirklichen Verdacht habe ich aber erst geschöpft, als er eine ganze Kabine für uns reservierte. Ich glaube, der Mann am Riesenrad und jeder in der Warteschlange wusste, was wir vorhatten. Ungefähr eine Viertelstunde dauert so eine Fahrt – und sie kann ziemlich viel Energie rauben. Wie Wien vom Riesenrad gesehen aussieht, weiß ich allerdings immer noch nicht.”

Stian und Lara, beide 27, mögen erotische Literatur. “Wir lesen einander gerne vor, besonders höfische Literatur aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Da ging es nämlich gar nicht so langweilig zu, wie man das aus heutiger Sicht so glaubt! Eine Geschichte fanden wir immer schon besonders erotisch – von einem Pärchen, das in einer Loge Sex hat.

Nun, Theaterlogen gibt es auch heute noch. Und die kann man problemlos buchen. Ich weiß noch, dass wir Thornton Wilders ‚In einer kleinen Stadt‘ ausgesucht hatten, etwas ziemlich Unerotisches eigentlich. Die Loge war winzig klein, eine Minihöhle. Umso besser, einerseits, andererseits konnten wir uns kaum so platzieren, dass man von außen nichts merkte. Aber wer schaut schon während einer Vorstellung allzu genau in eine Loge? Wir waren bestimmt nicht die Ersten, die dort einem langweiligen Stück viel Spaß abgewinnen konnten…”

Reingefallen, rausgefallen…

Interessante Ideen, die schwärmen wohl durch das Hirn eines jeden Menschen, egal welchen Geschlechts. Und besonders Regisseure scheinen dafür sehr empfänglich zu sein und zeigen uns hier und da, was vielleicht eine nette erotische Möglichkeit wäre. Nun ja, zumindest in der Fantasie und im Film klappt es immer…

Marilies, 48, hat es einmal ganz klassisch ausprobiert: “Ich bin seit 20 Jahren eine leidenschaftliche Reiterin, außer während meiner Schwangerschaften habe ich nur ganz selten auf meinen wöchentlichen Ausritt verzichtet. Und da bilden sich natürlich auch im Reitstall Sympathien und Antipathien, Freundschaften und Leidenschaften. Meine hieß Frank. Wir hatten im Stüberl das übliche Glas Schnaps getrunken und beschlossen zusammen noch ein wenig durch das Gelände zu streifen.

Genau gesagt, bis zum Stadel, den wollten wir uns unbedingt genauer ansehen, von innen natürlich. Wie im Heimatfilm: Wir kletterten eine Holzleiter hinauf, scheuchten eine Katzenfamilie auf und hatten im Dämmerlicht einen riesigen Heuhaufen vor uns. Und dann kam die Hölle: Heu sticht. Furchtbar. Überall. Und jeden.

Nach einiger Zeit vergeblichen Zähnezusammenbeißens und krampfhafter Konzentration auf die Sache gaben wirs dann auf – am ganzen Körper voller roter Tupfen und kleiner Kratzer. Nachgeholt haben wir unseren Sex dann schon noch, aber ganz brav im Bett. Fürs Heu muss man vielleicht doch ein bisschen stärker abgehärtet sein.”

So weit in die Natur zog es Werner, 43, gar nicht: “Ich liebe Whirlpools. Und meistens, wenn ich in einem öffentlichen Bad darinliege, dann kommen zusammen mit den Blasen auch allerlei Ideen. Ich habe mir das immer unglaublich intensiv vorgestellt, mit meiner Partnerin Tamara im Whirlpool Sex zu haben – totales Ganzkörperfeeling.

Und eines Tages im Urlaub gelang es mir, sie dazu zu überreden. Der Whirlpool des Hotels befand sich zusammen mit der Sauna in einem verschließbaren Extra-Raum – die idealen Voraussetzungen! Wir waren sehr entspannt, freuten uns und hatten auch anfangs viel Spaß. Aber dann… nun, Wasser ist so ähnlich wie Vakuum: Man kann nicht so richtig steuern.

Bei jeder, sagen wir einmal, ruckartigen Bewegung kostet es enorme Anstrengung, wieder die Richtung zu ändern. Am Ende waren wir ziemlich erschöpft, aber nicht vom Sex selbst, den hatten wir dann erst auf den Ruhebetten. Seither weiß ich aber: Wasser ist gut zum Aufheizen von Geist und Körper. Für Sex im Wasser braucht’s aber einen Iron Man!”

Ein Plätzchen für guten – oder miesen – Sex findet sich also beinahe überall. Vergessen Sie aber nicht ganz: “Öffentliches Ärgernis” ist genau definiert und kann Sie eine ziemlich unangenehme Geldstrafe, schlimmstenfalls sogar einen Gefängnisaufenthalt kosten. Und wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Ihre Location-for-Sex nicht doch vielleicht den einen oder anderen wirklich stört und beleidigt, dann suchen Sie sich lieber eine andere: Machen Sie eben Ihre Wohnung zum ungewöhnlichen Ort. Oder Ihr Bett. Denn wer im Hirn nur langweiligen Sex hat, der wird auch im Aufzug keinen Kick finden.

Foto: Shutterstock.com carlo dapino

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