Welche Pille für mich

Ehestens galt es diesen lästigen körperlichen Makel der Jungfräulichkeit loszuwerden und das möglichst ohne gravierende Folgen. So schritt ich hurtig zum Frauenarzt um mir die Pille verschreiben zu lassen, da zu dieser Zeit Aids und damit Safer-Latex-Sex noch kein echtes Thema waren.

Die erste Pille

Leider konnte der Gynäkologe während unseres kurzen Gespräches nicht in Erfahrung bringen, dass ich regelmäßig unter Migräne litt. Ich wiederum wurde mit der verordneten Mehrstufen-Pille nicht wirklich froh. In Folge der Einnahme traten extrem starke Kopfschmerzen gepaart mit starker Übelkeit auf, die mich schließlich zum Einnahme-Stopp mitten im Zyklus zwangen.
Da der Lover in spé inzwischen schon wieder Geschichte war, verlor sich mit ihm auch die Dringlichkeit des Verhütungsproblems. Wäre ich heute ein Teenager, hätte ich es in dieser Hinsicht schon um einiges einfacher. Schließlich sind orale Kontrazeptiva für Pharmafirmen ein einträgliches Geschäftsfeld. Dementsprechend wird auf diesem Gebiet geforscht um Frauen mit speziellen Bedürfnissen und Ansprüchen auch geeignete Produkte anbieten zu können.

Grundsätzlich bestehen alle Pillen aus den zwei Hormonen Östrogen in Form von Ethinylöstradiol und Gestagen. Die äußerliche Zufuhr dieser beiden Hormone gaukelt der Hirnanhangdrüse vor, dass bereits eine Schwangerschaft besteht. Diese schüttet daher keine für Eireifung und –sprung verantwortlichen Stoffe mehr aus. Fazit: Kein Eisprung – kein Baby!

Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Pillen liegen laut Univ. Prof. Christian Kainz von der Privatklinik Döbling in der Dosierung und der Abstimmung der beiden Hormone zueinander. Kleiner Unterschied – große Wirkung! Waren die ersten Ovulationshemmer noch Hormonbomben nach dem Motto “viel hilft viel”, gilt heute eher die Devise “weniger ist mehr”.

Prinzipiell sind Ein-, Zwei- und Mehrphasen-Präparate am Markt.
Ein-Phasen-Pillen enthalten immer die gleiche Dosierung an Hormonen. Bei allen mehrstufigen Präparaten ändert sich die Dosierung der Inhaltsstoffe im Laufe des Zyklus. Damit soll ein Angleichen der Pille an die natürlichen hormonellen Vorgänge im weiblichen Körper erreicht werden. Mehrstufen-Präparate erkennt man an den verschiedenfarbigen Dragées in der Packung.

Außerdem gibt es noch die sogenannte Minipille, die als einzige nur Gestagene enthält und keinen Eisprung verhindert. Ihre Wirkungsweise beruht auf der Verdickung des Gebärmutterschleimes, sodass Spermien nicht eindringen können. Sollte doch eine vorwitzige Spermie diese Barriere überwinden, nutzt ihr das nicht viel. Durch die Einnahme der Minipille wird die Gebärmutterschleimhaut kaum aufgebaut, das heißt, eine befruchtete Eizelle findet keine Möglichkeit sich einzunisten.

Allerdings muss die Minipille sehr genau immer zur gleichen Zeit genommen werden um einen optimalen Schutz zu gewährleisten. Im Gegensatz dazu enthält die sogenannte Mikropille sowohl Östrogene als auch Gestagene, allerdings in extrem niedriger Dosierung. Im Klartext heißt das, die Dosierung liegt unter einem Wert von 50 Mikrogramm pro Dragée.

So viel wie notwendig, so wenig wie möglich ist hier die Vorgabe.

Moderne Präparate und Alternativen

“Bei diesen modernen Präparaten wird zwar in den Hormonhaushalt eingegriffen, die körpereigene Produktion aber nicht vollständig unterdrückt”, erläutert Univ. Prof. Christian Kainz. Das erklärt auch, warum es nicht immer funktioniert, die Menstruation zugunsten eines Badeurlaubs o.ä. zu verschieben.
Nie mehr die Regel?

Aus dem gleichen Grund kann frau laut Univ. Prof. Christian Kainz aber auch in Absprache mit dem/der Frauenarzt/ärztin auf die siebentägige Einnahmepause verzichten. Die Regelung 21 Tage Einnahme, sieben Tage Pause entspricht nur dem Wunsch vieler Frauen nach einem gewohnten Zyklus. Sollte sich während des Pillenzyklus Gebärmutterschleimhaut aufgebaut haben, wird diese auch ohne Einnahme-Stopp auf ein normales Maß abbluten. Hat sie sich nicht verdickt, was eher bei stärkeren Präparaten der Fall ist, bekommt man keine Blutung, weil einfach keine notwendig ist.

Die zu meiner Jugendzeit obligatorisch verordnete Pillenpause alle drei Jahre für ca. drei Monate wird heute von fast allen Gynäkologen abgelehnt.
Wie findet frau nun aber unter den vielen angebotenen Präparaten die perfekte Pille für ihre Bedürfnisse? “Leider kann man nicht im Voraus ganz genau sagen, welche Pille von welcher Frau ideal vertragen wird,” gibt Univ. Prof. Christian Kainz zu bedenken.

Allerdings gibt es doch bestimmte Produktgruppen, die für manche Bedürfnisse als besonders geeignet betrachtet werden (in Abhängigkeit von gewünschten Wirkungen wie Verbesserung unreiner Haut oder starker Menstruationsschmerzen). Dazu ist es allerdings wichtig den Gynäkologen vorab über Lebensgewohnheiten wie z.B. rauchen oder bestehende Krankheiten, Bluthochdruck, Venenleiden o.ä. zu informieren.

Welche Pille passt zu ihr

Sehr junge Mädchen oder ältere Frauen:
Altersuntergrenzen für die Verschreibung der Pille findet Univ. Prof. Dr. Kainz nicht sinnvoll. Eine Schwangerschaft ist für einen Teenager auf jeden Fall eine größere Belastung als die Einnahme der Pille. Bei sehr jungen Mädchen empfiehlt er die Verschreibung einer Mikropille um nicht zu sehr in den Hormonhaushalt einzugreifen. Diese Pillenart ist auch bei älteren Frauen angebracht.

Raucherinnen:
Jüngere, sportliche Raucherinnen können nach Ansicht von Herrn Univ. Prof. Dr. Kainz durchaus mit der Pille verhüten, wenn sonst keine Risikofaktoren vorliegen. Allerdings würde er qualmenden Geschlechtsgenossinnen ein gestagenbetontes Präparat oder gleich eine Minipille verschreiben. Für Raucherinnen über vierzig Jahre ist eine andere Verhütungsmethode wie z. B. die Hormonspirale empfehlenswert.

Migränikerinnen:
Bei Frauen, die unter Migräne leiden, sollten größere Hormonschwankungen tunlichst vermieden werden, da dadurch Kopfschmerz-Attacken ausgelöst werden können. Es bieten sich also hauptsächlich Ein-Phasen-Präparate mit gleichbleibender Dosierung an.

Frauen die unter Akne/Haarausfall/übermäßiger Körperbehaarung leiden:
Prinzipiell bewirkt die Einnahme der Pille nahezu immer eine Verbesserung des Hautbildes. Allerdings gibt es für obengenannte Probleme spezielle Pillen, die neben dem Östrogen auch Cyproteronenacetat enthalten. Je nach Schwere der Erkrankung gibt es solche Pillen in unterschiedlicher Dosierung.

Stillende Mütter:
Mütter, die noch ihren Nachwuchs stillen, aber trotzdem nicht auf eine sichere Verhütung verzichten wollen, sind mit der Minipille gut beraten. Das reine Gestagen-Präparat wirkt sich nicht auf die Produktion der Muttermilch aus. Eventuell kann auch eine Mikropille verwendet werden, allerdings besteht dabei die Möglichkeit, dass sich durch das Östrogen die Milchmenge verringert.

Frauen, die unter Endometriose leiden:
Frauen mit Endometriose erfahren laut Herrn Univ. Prof. Dr. Kainz durch gestagenbetonte Präparate eine deutliche Linderung ihrer Beschwerden, da wesentlich weniger Schleimhaut aufgebaut wird.

Vielfliegerinnen:
Frauen, die viel mit dem Flugzeug unterwegs sind und die Pille nehmen, sollten einige Verhaltensweisen berücksichtigen um Thrombosen vorzubeugen. Während des Fluges viel Wasser trinken, versuchen regelmäßig die Beine zu bewegen, Stützstrümpfe tragen und Kaffee und Alkohol meiden, da beides entwässernd wirkt.

Frauen die unter Pigmentflecken leiden:
In diesem Fall empfiehlt es sich die Pille immer abends einzunehmen, um während der höchsten Hormonkonzentration im Blut nicht der Sonne ausgesetzt zu sein.

Die Pille gilt als die sicherste reversible Verhütungsmethode, die es gibt! Doch was nützt das, wenn sie durch Anwendungsfehler oder Unwissenheit ihre Wirkung verliert? Muss man sich innerhalb von drei Stunden nach der Einnahme übergeben, ist der Verhütungsschutz nicht mehr gewährleistet. In solchen Fällen kann man ein Dragée nachnehmen oder, falls der Magen weiterhin revoltiert, auch vaginal einführen.

Auf diese Weise werden die Hormone ebenfalls aufgenommen, wenn auch nicht so sicher wie durch eine orale Verabreichung. Eine Entzugsblutung sollte damit aber auf jeden Fall verhindert werden. Manche Medikamente wie Antidepressiva, Antiepileptika oder auch fast alle Antibiotika setzen die Wirkung der Pille außer Kraft, da sie die Leberfunktion verändern – ein Umstand, der auch bei häufigem Alkoholgenuss eintreten kann.

Die intensive Lektüre der Beipacktexte und Besprechung mit dem Frauenarzt ist hier auf jeden Fall empfehlenswert. Andernfalls kann es schnell passieren, dass man die Gebrauchsanleitung des Schwangerschaftstests studieren muss.

Foto: Africa Studio – shutterstock.com

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