Sexy Mama

Ich liebe das Leben. Und ich liebe guten Sex.

Das war während meiner drei Schwangerschaften nicht anders, im Gegenteil. Wie schon Angelina Jolie treffend feststellte: Der Babybauch macht kreativer. Zugegeben: Nach den Geburten habe ich mich phasenweise durchaus von aller Lust entbunden gefühlt. Doch sie kam wieder, mehr noch: Das Liebesleben hat an Qualität gewonnen.

Heißer Sex bis zum Schluss?

Verläuft eine Schwangerschaft komplikationslos, dann steht der körperlichen Liebe bis kurz vor der Geburt nichts entgegen. Während im ersten Schwangerschaftsdrittel Müdigkeit und Übelsein das sexuelle Interesse einschränken können, erleben viele Frauen den Sex im zweiten Drittel intensiver denn je zuvor. In den letzten Monaten kann die Lust wieder auf Sparflamme schalten – das muss aber nicht so sein, erzählt Ilona, 26: „Ich habe noch am Tag vor der Geburt mit meinem Partner geschlafen. Es war einfach toll!“ Die bessere Durchblutung des Beckenbodens lässt viele Schwangere den Sex deutlich intensiver erleben.

Männer finden ihre Partnerin mit Babybauch meist sehr erotisch: „Es gibt doch nichts Weiblicheres“, meint Tobias, 33. „Meine Frau war während der ganzen Schwangerschaft scharf wie nie …“ Nun ist Sexualität aber mehr als ein körperlicher Vorgang, „wahrscheinlich sogar in erster Linie ein seelisches Konstrukt“, erklärt Dr. Maria Stammler-Safar, Gynäkologin und Geburtshelferin am AKH Wien. „Vorstellungen, Phantasien, Erfahrungen, Verbote – sie alle beeinflussen die Lust massiv.“ Das mag erklären, warum trotz hormonellen Höhenflugs bei weitem nicht alle schwangeren Frauen „sexgierig“ sind und auch Männer verweigern: Laut einer aktuellen Studie der Berliner Universitätsklinik Charité schlafen werdende Eltern im Durchschnitt deutlich weniger oft (1,5mal/ Woche) miteinander als vor der Schwangerschaft (2,3mal wöchentlich)!

Den Körper positiv besetzen

Insbesondere in der ersten Schwangerschaft können Unsicherheiten auftreten, muss sich Frau doch mit den Veränderungen ihres Körpers anfreunden. „Jetzt, wo der Bauch immer größer wird, mag ich nicht, wenn mein Mann mich nackt sieht“, ge-steht Barbara, 29. „Ich fühle mich hässlich, und er kann das nicht verstehen …“ Die Ursachen für diese Gefühle sind vielfältig. „Es kann der Frau am grundsätzlichen Vertrauen in ihren Körper mangeln, eine Schwangerschaft auszutragen “, weißGynäkologin Stammler-Safar, selbst Mutter zweier Kinder. „Oder sie fürchtet, eine ,andere‘ zu werden, die sie nicht sein möchte (beispielsweise die eigene Mutter). Oder Nähe und Intimität waren schon immer ein Problem in der Beziehung – die Schwangerschaft stellt dann quasi eine gute Ausrede fürs ,Verweigern‘ dar.“

Schuldzuweisungen sind fehl am Platz. Manchmal braucht es Zeit, bis Frau mit sich ins Reine kommt. Manchmal wird sie intensiv daran arbeiten müssen. Das lohnt sich, wie die Expertin betont: „Schwangere, die ihrem Körper gegenüber einen ,gesunden‘ Narzissmus entwickeln, können die körperlichen Veränderungen als durchwegs lustvoll und spannend erleben!“ Und wie geht es den werdenden Papis mit ihrer immer rundlicher werdenden Partnerin? Die meisten Männer finden sie absolut sexy. Manche ziehen sich eher zurück – weil sie die Mütterlichkeit idealisieren und damit eine Ödipus- Problematik wiederbeleben; oder weil sie die Frau um ihre Fähigkeit zum Austragen beneiden, sich überflüssig fühlen. Gegen diese und ähnliche Blockaden lässt sich nur ankämpfen, wenn Mann sich ihrer bewusst wird und darüber spricht.

Sex löst keine Frühgeburt aus!

Auch die Schwangerschaft selbst kann im Mittelpunkt lusthemmender Ängste stehen. „Ich hatte Bedenken, dass die Gefahr einer Infektion durch den Geschlechtsverkehr steigt und dass das Kind mitbekommt, wenn wir miteinander schlafen“, erinnert sich Babette, 32. Und Florian, 39, gesteht: „Mir schwirrte die Frage im Kopf herum, ob der Penis den Fötus verletzen kann.“ Wissen ist in diesem Fall die beste Medizin. „Das Baby ist in der Gebärmutter geschützt. Weder wilde Bewegungen noch das Eindringen des Penis schaden ihm“, erläutert Gynäkologin Stammler- Safar. „Frauen werden beim Orgasmus zwar Kontraktionen in der Gebärmutter spüren. Diese verschwinden aber schnell wieder und setzen vor allem die Geburt nicht in Gang.“ Der dicke Schleimpfropfen, der den Muttermund verschließt, schützt vor Infektionen. Und das im Sperma enthaltene Prostaglandin kann erst dann die Wehen fördern, wenn der Muttermund so weit geöffnet ist, dass der Samen vordringen kann.

Ansonsten, so belegen Studien, gibt es keinen Zusammenhang zwischen Sex und einem verfrühten Geburtsbeginn. Aus medizinischer Sicht spricht also nichts dagegen, dass Sie Ihr Liebesleben genießen! Vorsicht oder gar Abstinenz ist allerdings bei Blutungen, vorzeitigen Wehen, einer Fehllage des Mutterkuchens (Placenta praevia), vorzeitig verkürztem Gebärmutterhals, offenem Muttermund oder bereits geplatzter Fruchtblase geboten. Auf Kuscheln, Petting und andere Zärtlichkeiten müssen Mann und Frau deshalb aber noch lange nicht verzichten ….

Von aller Lust entbunden?

In den ersten Wochen nach der Entbindung ist es völlig normal, wenn Frauen wenig Lust auf Sex verspüren; auch Männer sind in dieser Umstellungsphase in der Regel vorrangig auf das neue Familienleben konzentriert. Aus medizinischer Sicht ist drei bis vier Wochen nach der Geburt nichts mehr gegen Geschlechtsverkehr einzuwenden, sofern die Blutung nicht mehr stark ist. Ob die Frau zu diesem Zeitpunkt schon Lust empfindet, wird natürlich stark davon abhängen, ob etwaige Geburtsverletzungen bereits verheilt sind.

Milchhormon senkt Libido

Doch nicht nur die Geburt, auch das Stillen wirkt sich auf die mütterliche Sexualität aus. Manche Frauen sind schlicht irritiert, und das aus gutem Grund: Denn bei der engen Mutter- Kind-Bindung spielen die gleichen Hormone mit wie bei der geschlechtlichen Liebe zwischen Partnern, wenn auch mit unterschiedlicher Wirkung. Einmal weisen sie den Weg in Richtung einfühlsame, aufopfernde Liebe, das andere Mal zum gleichberechtigten Geben und Nehmen zwischen Erwachsenen. Dass das Milchhormon Prolaktin die Libido senkt und Erschöpfung oder psychische Probleme hinzukommen, macht verständlich, warum viele Mütter nach der Geburt erst einmal anderen Bedürfnissen als jenem nach Sex den Vorzug geben …

Ladies first

Auf längere Sicht betrachtet wirkt sich die Geburt jedoch selten negativ auf das Sexualleben aus. 90 Prozent aller jungen Mütter freuen sich sechs Monate danach über erfüllenden, schmerzfreien Sex, zeigt eine Studie der Berliner Universitätsklinik Charité, mehr noch: Etwa jede zweite Frau hatte zwei Monate nach Babys Ankunft wieder Sex. Die Initiative dazu ging meist von beiden Partnern aus – und nicht nur vom Mann, wie in der Vergangenheit häufig vermutet wurde. Manche Frauen allerdings, weiß Frau Dr. Stammler-Safar, die in Wien auch die Privatpraxis „Frauenwelten“ betreibt, schlafen zwei Jahre und länger nicht mit ihrem Partner. „Sie haben den richtigen Zeitpunkt für das ,erste Mal‘ verpasst“, glaubt sie und rät Männern, ihrer Partnerin regelmäßig zu vermitteln, wie sehr er sie nach wie vor begehrt. Nach der Geburt muss sich Frau nämlich oft erst mit ihrem Körper neu anfreunden. „Ich lerne gerade, mich als Göttin mit breiten Hüften, schweren Brüsten und der unglaublichen Lebenserfahrung, die damit einhergeht, zu lieben“, beschreibt Corinna, 29, den Entwicklungsprozess vom „jungen sexy Ding“ zur „etwas fülligen, zu Hause herumsitzenden Mama“. Natürlich wirken auch Schlafmangel und körperliche Erschöpfung kontraproduktiv. Wichtig ist daher, dass Frau beim Sex „etwas Gutes kriegt“ – und nicht wieder das Gefühl hat, „etwas geben zu müssen“. Die Devise für die Männer muss also lauten: „Ladies first“!

Gesteigerte Liebesfähigkeit

Ob eine Frau ihr Kind natürlich oder per Kaiserschnitt entbunden hat, spielt übrigens auf längere Sicht keine Rolle. „Rette deinen Liebeskanal“ – der aus Amerika kommende Slogan pro Wunschkaiserschnitt – sei blanker Unsinn, so Gynäkologin Stammler-Safar. „Natürlich wird die Beckenbodenmuskulatur, die für ein befriedigendes Sexualleben wichtig ist, bei einer natürlichen Geburt belastet“, räumt sie ein. „Deshalb ist Beckenbodentraining danach so wichtig“ – wozu im Übrigen auch Sex zählt … Die Expertin geht noch weiter: Eine natürliche Geburt biete die Möglichkeit, den Körper neu zu erfahren und eine besondere Reizung der Geschlechtsorgane zu erleben – eine potenziell „sexuelle“ Erfahrung. „Viele Frauen erleben die Sexualität danach intensiver, weil sie sich besser ,öffnen‘ können.“ Melanie, 32, bestätigt das. „Seit ich Mutter bin, komme ich mit meiner Sexualität viel besser klar. Ich fühle mich stärker und achte darauf, dass meine Bedürfnisse erfüllt werden.“

ratz fratz

Anleitung zur sexuellen Zufriedenheit Verweigert die junge Mutter Sex, dann oftmals deshalb, weil sie sich im Haushalt oder mit Baby zu wenig unterstützt fühlt. Im Kabarettprogramm „Anleitung zur sexuellen Unzufriedenheit“ schlägt Prof. Bernhard Ludwig Paaren mit unterschiedlichen Bedürfnissen nach Sex und Sinnlichkeit augenzwinkernd Tauschgeschäfte vor: Geschirrspülen gegen einen Quickie etwa, oder eine Extra-Stunde Schlaf gegen einen Blowjob. Der ernst zu nehmende Hintergrund: „Nur wenn wir offen sagen, was uns wichtig ist, kann auch der Sex besser werden“, so der ausgebildete Sexualtherapeut Ludwig.
www.seminarkabarett.com

Sexy Mama. 101 Tipps, wie Sie als Mutter Ihr Liebesleben nicht zu kurz kommen lassen Anne Semans / Cathy Winks Mvg Verlag, ISBN 978-3-636-06236-9

Mag. Karin Martin

Foto: NeonShot – shutterstock.com

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