Zahnpflege-ABC

Ob erste oder zweite Zähne – die richtige Pflege unserer Beisserchen ist und bleibt ein Leben lang wichtig. Daher: möglichst früh damit beginnen! Kinder-Zahnärztin DDr. Brigitte Engin-Deniz verrät, worauf es bei der Kinder-Zahngesundheit ankommt.

Zugegeben, manchmal ist es auch uns Eltern lästig, auf dem Zähneputzen zu beharren. Kinder sind oft wenig begeistert davon und dementsprechend mühsam wird das Ritual. Dennoch: richtige Pflege lohnt sich. Hilfreich dabei, Kids an das regelmäßige (zweimal täglich) und richtige Putzen zu gewöhnen ist es, wenn Eltern selbst mit gutem Vorbild voran gehen. Die eigene Zahnbürste für jedes Familienmitglied sollte dabei selbstverständlich sein. fratz&co hat die unter anderem auf die Behandlung von Kindern spezialisierte Wiener Zahnärztin DDr. Brigitte Engin-Deniz befragt, worauf es bei der Kinder-Zahngesundheit ankommt. Und wie man als Eltern die Grundlagen für gesunde Zähne legt. Für das ganze Leben …
fratz&co: Welche Auswirkungen hat das Stillen auf die Kiefer-und Zahnentwicklung?
DDr. Brigitte Engin-Deniz: Ja, das Stillen wirkt sich positiv auf die Kiefer und  Zahnentwicklung aus. Das Baby kräftigt durch das Saugen die Kiefer-, Lippen-, Zungen- und die Kopf- und Halsmuskulatur. Auch das Immunsystem wird gestärkt und eine harmonische Zahn-und Kieferstellung begünstigt. Kleiner Nachteil der Muttermilch: Sie hat einen hohen Gehalt an Milchzucker, schmeckt süß und ist leider auch kariesfördernd. Dennoch ist und bleibt Muttermilch die beste Säuglingsnahrung.


fratz&co: Soll man wirklich schon beim ersten Zahn mit der Zahnpflege beginnen?
DDr. Brigitte Engin-Deniz: Schon der erste Milchzahn soll regelmäßig geputzt werden. Durch die gründliche Reinigung der Zähne werden Zahnbeläge beseitigt und Kariesbakterien können sich erst gar nicht ausbreiten. Als Hilfsmittel sind bei den ersten Putzversuchen Wattestäbchen geeignet, später kann man dann auf eine kleine, weiche Zahnbürste umsteigen. Ab dem Alter von etwa einem Jahr können Eltern die Zähne ihres Kindes abends vor dem Schlafengehen mit ganz wenig fluoridhaltiger Kinderzahnpasta (maximal 500 ppm Fluorid) putzen. Schon Zweijährige können selbst mit dem Zähneputzen beginnen. Aber Achtung, die Eltern sollten unbedingt nachputzen. Denn systematische Zahnpflege muss man trainieren.
fratz&co: Kann bzw. soll man Kinderzähne schon mit Zahnseide reinigen?
DDr. Brigitte Engin-Deniz: Milchzähne müssen nicht mit Zahnseide gereinigt werden, weil ihre Abstände zueinander groß genug sind, dass normalerweise keine Essensreste hängen bleiben. Bei eng stehenden bleibenden Zähnen sollte aber auch bei Kindern Zahnseide verwendet werden. Allerdings ist bei kleinen Kindern die Gefahr gegeben, dass sie das Zahnfleisch verletzen. Günstig ist es, speziell geformte Halterungen mit Zahnseide zu verwenden, da Kinder diese leichter handhaben können. Im Zweifelsfalle ist es immer am besten, dass die Eltern selbst das Reinigen mit der Zahnseide übernehmen.
fratz&co: Wie nimmt man Kindern am besten die Angst vor dem Zahnarztbesuch?
DDr. Brigitte Engin-Deniz: Es ist nie zu früh für einen Zahnarztbesuch. Das Kind sollte rechtzeitig an die Ordinationsumgebung gewöhnt werden und nicht das erste Mal zum Zahnarzt gehen, wenn es Schmerzen hat. So ist dem Kind die Umgebung vertraut und im Fall des Falles kommt weniger Angst auf. Am besten ist es, Sie nehmen Ihr Kind zu Ihrem eigenen Kontrolltermin mit und wirken damit als „positives Vorbild“. Auch mit eigenen Kontrollterminen sollte schon in jungen Jahren begonnen werden. Denn für die spätere Behandlung ist es positiv, wenn eventuelle Zahn- und Kieferfehlstellungen möglichst früh erkannt werden. Daumenlutschen oder das Nuckeln am Schnuller kann diese hervorrufen. Typisch ist der offene Biss, bei dem die vorderen oberen Schneidezähne beim Zubeißen nicht mehr auf die unteren Schneidezähne treffen. Das Kind kann dann nur noch seitlich abbeißen. Dadurch rutscht die Zunge zu weit nach vorne und es kommt zu einer erschwerten Lautbildung. Die Laute „s“, „sch“ und „z“ können oft nicht mehr deutlich aus gesprochen werden. Das heißt, das Kind nuschelt bzw. lispelt. Dann sind eine Regulierung sowie eine Therapie beim Logopäden empfehlenswert. Auch eine angeborene Rück- oder Vorlage des Unterkiefers verursacht Zahn- und Kieferfehlstellungen. 
fratz&co: Wann kommt im Durchschnitt der erste bzw. der erste bleibende Zahn? Ab wann fallen die Milchzähne aus?
DDr. Brigitte Engin-Deniz: Im Oberkiefer und im Unterkiefer hat Ihr Kind je zehn Zähne, davon vier Schneidezähne, zwei Eckzähne und vier Backenzähne. Die ersten Zähne (Schneidezähne) brechen im Alter von fünf bis neun Monaten durch. Das Milchgebiss ist mit ca. zweieinhalb Jahren vollständig. Zwischen dem 5. und 7. Lebensjahr brechen hinter den letzten Milchzähnen die ersten bleibenden Backenzähne durch. Das sind die „Sechser“ oder „6-Jahr-Molaren“. Erst danach fallen die Frontzähne Ihres Kindes aus und werden durch bleibende Zähne ersetzt.
fratz&co: Sind Fissurenversiegelungen sinnvoll? Was versteht man darunter?
DDr. Brigitte Engin-Deniz: Auf Backenzähnen befinden sich häufig tiefe Furchen, Ritzen und Spalten zwischen den Höckern auf der Zahnoberfläche. Diese Fissuren sind bei jedem unterschiedlich ausgeprägt. Bei einem tief gefurchten Zahnrelief ist es oft unmöglich den Zahn mit einer Zahnbürste gründlich zu reinigen, da die Borsten der Zahnbürste nicht eindringen können. Zahnbeläge und Bakterien können sich ansiedeln und Karies verursachen. Die Fissuren können vorbeugend mit einem speziellen zahnfarbenen Füllungsmaterial versiegelt werden. Dadurch entsteht eine glatte, leicht zu reinigende Oberfläche, die weniger kariesanfällig ist.
fratz&co: Wie bereite ich mein Kind am besten auf den Zahnarztbesuch vor?
DDr. Brigitte Engin-Deniz: Drohen Sie niemals mit dem Zahnarztbesuch und verwenden Sie keine negativ besetzten Ausdrücke wie „Es wird nicht weh tun“ oder „Du brauchst keine Angst vor dem Bohrer oder der Spritze zu haben“. Lassen Sie Ihrem Kind keine „Zahnarztstorys“ erzählen. Sonst können unnötige und übertriebene Ängste geschürt werden. Ermöglichen Sie Ihrem Kind im Gegenteil eigene positive Erfahrungen.
fratz&co: Wie kann man eventuelle schlechte Erfahrungen des Kindes wettmachen bzw. wie wird eine Behandlung auch bei änstlichen Kindern möglich?
DDr. Brigitte Engin-Deniz: Wenn das Kind unter großen Ängsten leidet, ist es oft schwierig ihm diese vor einer Behandlung zu nehmen. Dann bietet sich eine Zahnbehandlung im Dämmerschlaf an. Bei uns wird diese in Anwesenheit eines erfahrenen Anästhesisten angeboten. Das Kind schläft während der Behandlung und spürt weder Angst noch Schmerz. Die Reflexe des Kindes bleiben erhalten und es atmet selbst. So kann das Kind doch noch eine positive Einstellung zur zahnärztlichen Behandlung entwickeln.

Tipps fürs Zähneputzen

So gewöhnen Sie Ihr Kind an Pflegerituale
Mit der so genannten KAI-Zahnputzsystematik wird kein Zahn vergessen.
K Putzen der „K“auflächen – unten: eine Seite, andere Seite; oben: eine Seite, andere Seite
A bei zusammengebissenen Zähnen („Knurren wie ein Tiger“) Kreise auf die „A“ußenseiten malen – vorne: eine Seite, andere Seite
I Putzen der „I“nnenseiten mit einer Bewegung wie dem Gasgeben beim Motorradfahren – unten und oben in 3 Abschnitten: vorne, eine Seite, andere Seite
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