Warum wir in punkto Erotik so ticken, wie wir ticken

So ein netter knackiger Männerhintern, der hat schon was. Klar, ein festes Hinterteil passt ganz gut zu einem flotten Läufer – einem, der auf der Jagd lange Strecken zurücklegen kann. Warum die großen, superstarken Muskelprotze nicht immer punkten? Nun, Muskeln sind fein. Aber sie schmecken auch Raubtieren gut. Warum Frauenbeine faszinieren? Nun,  lange Beine sind beim Nomadisieren sinnvoll, langes Haar bei Frauen weist auf Gesundheit hin.

Neulich, da saßen wir in einer freundlichen Runde im Biergarten und genossen die letzten Sonnenstrahlen: Bunt gemischten Alters, bunt gemischten Geschlechts, bunt gemischter Vorlieben. Und natürlich, wie immer, stand das Thema Nummer eins an erster Stelle: Wer definiert den allgemeingültigen erotischen Supergau? Nun, wir schufen ihn. Und brachten die Menschheit zum Aussterben.

Aus der Höhle gespült

Ja, der Ursprung unserer fröhlichen Fatasien liegt im Tiefen, Dunklen. In Höhlen, genau gesagt. Und zwar in denen, die einst von Herrn und Frau Höhlenmensch bewohnt waren. Damals, da gab’s nämlich auch nur ein Thema Nummer eins: Das hieß Überleben. Nicht für den Einzelnen, natürlich, sondern für die gesamte Gattung.

Ob es jemals eine funktionierende Menschenpopulation geben sollte, war damals noch nicht so ganz fix. “Effiziente Vermehrung” – lautete ein viel versprechendes Motto. Und darum grub die Evolution ein paar nutzbringende Anweisungen in unsere Gehirne.

Breite Hüften, zum Beispiel, und runde Brüste bei den Frauen wiesen darauf hin, dass sie eine Geburt überleben würde und vielleicht auch ein paar Jahre stillen könnte ohne selbst zu verhungern. Deutlich günstig! Und das sehen Männer auch heute noch so. Lange Beine sind beim Nomadisieren sinnvoll, langes Haar weist auf Gesundheit hin. Beste Voraussetzungen für die Zucht, also.

Andererseits: So ein netter knackiger Männerhintern, der hat schon was. Dranklebende Frauenblicke jeden Alters nämlich. Und das kommt daher, dass ein festes Hinterteil ganz gut zu einem flotten Läufer passt – einem, der auf der Jagd lange Strecken zurücklegen kann. Warum die großen, superstarken Muskelprotze nicht immer punkten? Nun, Muskeln sind fein.

Aber sie schmecken auch Raubtieren gut. Denn wer zu schwer ist, der ist nicht schnell genug um sich rechtzeitig auf den nächsten Baum zu schwingen. Außerdem: Auch graue Schläfen bringen’s. Ja, denn wer es als Mann im Höhlenzeitalter geschafft hat, so lang zu leben, bis die Haare erbleichen, der muss ganz gute Voraussetzungen haben. Und kann nicht besonders dämlich sein. Eigenschaften, die man doch besser dem gemeinsamen Genpool hinzufügt!

Geschichtliche Sinnes-Geschichten

Haben Sie schon einmal das Kamasutram gelesen? Eher trocken, stimmt. Nur die Illustrationen, die geben schon etwas her: Für Fantasiereiche. Oder für Schlangenmenschen.
Die Vorstellung allerdings, gemeinsam das Kamasutram zu lesen und brahmanische Liebeskunst zu zelebrieren, ist nicht ganz uninteressant. Ovid wieder bewies, dass auch die alten Römer mehr konnten als saufen. Und seine “Liebeskunst” ist auch etwas freundlicher zu den Bandscheiben.

Wen es eher in heimische Gefilde zieht, der ist bei dem guten Marquis de Sade oder bei Herrn Sacher-Masoch gut aufgehoben. Ihre Ideen haben auch ein paar Spielregeln ihren Namen gegeben: Für Rollenspiele. Und für das Game um Dominanz.

Literatur zum Anfassen bietet auch der Bambi-Erfinder Felix Salten: Als “Josephine Mutzenbacher” prägte er die erotischen Ideen des letzten Jahrhunderts. Geschichten jedenfalls, die törnen an. Den Hardcore-Fan genauso wie die Porno-Gähnerin. Und bieten einen erhebenden Mittelweg für beide.

Erotik ist Sex im Kopf

Erotik aber, das ist Sex im Kopf. Und den kann man genauso mit dem eigenen Weggefährten wie mit dem netten Eisverkäufer erleben. Oder mit seinen eigenen Gehirnzellen. Was den Partner betrifft: Natürlich zählen die inneren Werte. Aber erst nachher.

Männer als Augentiere – jaja, schönen Gruß an die Höhle – springen meist auf Offensichtliches an. Auf die Silhouette, zum Beispiel. Oder auf die Status-Frau. Denn hob es vor ein paar Jahrzehnten noch das Ansehen, wenn man sich trotz Lebensmittelrationierung eine leicht speckige Hausfrau leisten konnte, so schmückt heute die Superschlanke: Weight-Watcher-Diäten und kosmetische Operationen sind teuer. Und beweisen die finanzielle Potenz.

Frauenaugen suchen nach Details: Ungepflegten Fingernägeln zum Beispiel. Oder Haarbüscheln in den Ohren. Und das sollte unseren Männern doch Hoffnung geben – mit ein bisschen Pflege sind die ärgsten Abtörner auch schon erledigt. Und das ist doch schon viel, oder?

Die Nase ist das Stiefkind der sinnlichen Sinnesorgane: Dabei hat sie Zugang zu evolutionär sehr, sehr alten Bereichen des Gehirns und wirkt ohne Umweg über unseren Verstand auf unsere Gefühlswelt. Und so antworten Männer und Frauen, nach dem Schnüffelabtörner befragt, ziemlich einhellig: Parfüm.

Wie bitte? Ja, stimmt. Parfüm. Das scheint irgendwie niemand so richtig zu mögen – sobald man merkt, dass es da ist, wird’s zu viel. An zweiter Stelle der Duft-No-Nos steht natürlich Körpergeruch jeder Art. Also: Ab unter die Dusche (gemeinsam vielleicht?) und eher geruchsneutrale Pflegeprodukte zusammen mit einem Mikrominitröpfchen Parfüm. Fertig ist der nasenideale Erotikstart.

Und die Ohren? Sind natürlich ideal zum Beknabbertwerden, klar. Das Gehör selbst kann aber auch so einiges. Dass Frauen so gern an Lügen glauben, liegt daran, dass Gesäusel zu ihrer Erotik gehört. Heißer Schall für Männer kommt meist handfester und vokabelmäßig eindeutiger daher.

Die Stimme allerdings, die soll in jedem Fall für jedes Geschlecht sanft sein. Und dunkel. Schrilles Lachen wieder, das fördert die Tugend. Und bietet zusammen mit Dauergeplapper und der berühmten Nachher-Frage: “War ich gut?” eine höchstprozentige Abtörngarantie.

Was man mit dem Mund alles so machen kann? Das überlasse ich Ihrer Fantasie. Und abgesehen davon? Essen geht auch! Abtörner bei der üblichen Erotikovertüre, dem Abendessen, sind Frauen, die in ungewürztem Salat stochern und Männer, die fettige Berge schaufeln.

Mohnkörner in den Zähnen haben einen fast so hohen Pearl-Index wie ein Verhütungscomputer und Raucher/Nichtraucherpärchen paaren sich selten.

Der Tastsinn ist natürlich der Zentralsinn bei allem, was mit Sex zu tun hat. Und das beginnt schon lange vor dem Schlafzimmer: Kleidung aus bestimmten Materialien stellt in Ihrem Partner eine Gedankenverbindung mit der Idee des Anfühlens her: Leder zum Beispiel, Samt und Seide.

Und eine Berührung mit den Fingerspitzen, ganz leicht, an der Innenseite des Handgeleks, dem inneren Ellenbogen oder am Nacken, die lässt den Blutdruck steigen – bei beiden Geschlechtern. Wer beim Reden allerdings den anderen mit seinen Händen beplappern muss, der hat schon verloren. Und nervt übrigens nicht nur erotisch.

Wenn es dunkelrot wird

Im Vorfeld ist nichts schief gegangen? Dann ist die Sache schon fast gewonnen: Unmittelbar an der Bettkante gibt frau so selten auf wie mann. Die Qualität der Sache allerdings, die entscheidet sich schon beim Törnen. Weibliche Dessous können da schon ein wenig den Kick verstärken – aber wenn sie reine Mogelpackungen sind und Blutergüsse als Druckstellen hinterlassen, dann hätte es Feinripp besser getan.
Und wenn Sie sich darin ähnlich gut fühlen wie ein Schaf im Wolfspelz, dann lassen Sie’s lieber auch: Erotik ist eine Sache der funktionierenden Ausstrahlung. Männer in Dessous? Großes Fragezeichen. Sehr großes. Obwohl – auch Heiterkeit kann erotisch sein. Einig sind sich die meisten Menschen – egal welchen Geschlechts – allerdings in einem: Haare sind am Kopf wunderbar. Zum Durchwuscheln. Und auch zum gelegentlichen Reinkrallen.

Was den Rest des Körpers betrifft, da scheiden sich die Geister: So ungefähr einer von zehn Männern findet haarige Beine, Achseln und Bikinizonen rassig. Der Rest findet sich nur ungern damit ab – und mit Haaren auf dem Busen, dem Bauch oder in den Mundwinkeln schon gar nicht. Bei Männern ist es nicht gar so schlimm.

Auch wenn die Haare am Rücken nicht direkt zum Schönheitsideal zählen, wenigstens die auf der Brust werden von den meisten Frauen toleriert. Und erhalten eine wesentlich geringeren Abtörn-Faktor als rote Pickel, wie sie bei ungeschickter Enthaarung auf Herrenbrüsten entstehen. Kein unbedingter Zwang zur männlichen Zwangsenthaarung, also. Wobei – die auf den Zehen, meine Herren, die kommen nicht besonders gut an!

Denn die Höhlen unserer Vorfahren, denen nur Vermehrung im Blut blubberte, sind schon lang verfallen. Und so gelten ein paar kleine Verhaltensweisen als sofortige Ausschlusskriterien: Socken im Bett, zum Beispiel. Oder Wimmerlausquetschen. Verdauung mit Geräusch und blöden Sprüchen. Und Dauerklammern sowieso.

Gerüstet für den Ernstfall?

Dann ist sowieso schon alles klar. Denn irgendwann, da kommt der Point of No Re-, An-, Ab- oder Sonstwietörn. Und spätestens dann ist keine Zeit mehr für Pläne und Strategien. Denn eines, das entschied unsere freundliche Runde gemischten Alters, gemischten Geschlechts und gemischter Vorlieben im Biergarten gemeinsam: Wer’s schafft, sich im richtigen Moment wirklich fallen zu lassen und jeden sinnvollen Gedanken ausblenden kann, der ist der erotische Superwahn. Und kann die Menschheit jedes Mal neu entstehen lassen.

 

Foto: pixabay_gentle07

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