Himmels-Stürmer

Der Wind weht uns um die Ohren, die ersten bunten Blätter zieren die Bäume. Wir können es nicht mehr leugnen: Der Herbst ist da. Und mit ihm die Drachen, die an langen Schnüren einträchtig am Himmel schaukeln.
Drachen faszinieren die Menschen schon seit Jahrtausenden. So bevölkern sie nicht nur als Fabelwesen die Welt der Märchen, Sagen und Legenden, sondern galten in alten Zeiten als Boten der Menschen, um ihre Wünsche und Bitten zu den Göttern zu tragen. Die ersten Drachen aus Seide und Bambusstäben ließen die Menschen schon im fünften Jahrhundert vor Christus in China gen Himmel steigen. Von dort fanden sie ihren Weg nach Japan und Korea und im 16. Jahrhundert schließlich nach Europa. Nicht nur als Kinderspielzeug kamen sie zu Ehren, sondern auch in der Wissenschaft. So führte Benjamin Franklin mit ihnen Experimente zur Erforschung der Wirkung von Blitzen durch.
Aber auch in der Kriegsführung wurden sie eingesetzt. In Japan dienten sie dazu, einschüchternde Geräusche zu erzeugen und so den Gegner glauben zu lassen, dass er von Geistern angegriffen werde. Die Europäer wiederum benützen Drachen, um die Entfernung feindlicher Stellungen zu bestimmen. Nicht zuletzt weckten Drachen im Menschen den Wunsch, sich selbst in die Lüfte erheben zu können – sodass so manches Fluggerät den Drachen ähnelte.

Traditionell aus Papier

Heute wird die Fantasie der Menschen in Sachen Drachen vor allem an windigen Tagen beflügelt. Wobei traditionelle Drachen immer noch aus Papier gemacht werden. Haltbare Modelle aus dem Handel sind aus Kunststoff gefertigt, wobei sie aus Drachengewebe, der Drachenwaage – einem Waagering, an dem der Wirbel an der Leine befestigt ist – und einem Gestänge bestehen. Den ruhigen Flug stellen Schwänze oder Kiele sicher.
Das wichtigste, um einen Drachen gut steigen zu lassen, sind sein geringes Gewicht, der Widerstand und die Stabilität. Wer sich selbst an die Arbeit macht, um den Drachen seiner Träume herzustellen, sollte unbedingt darauf achten, dass er exakt symmetrisch ist. Daher: Immer genau messen. Das Einsteiger-Modell zum Selbermachen ist der Flachdrachen, der aus einer Fläche in Form eines Dreiecks in einer Ebene und einer Leine besteht. Ihm genügt schon schwacher Wind, um sich in die Lüfte zu erheben. Der Lenkdrachen ist schon eine anspruchsvollere Variante, die sich für ältere Kinder eignet. Er fliegt schneller, außerdem kann er mit zwei oder vier Leinen manövriert werden. Über Zugbewegungen wird der Lenkdrachen gesteuert, sodass er hoch aufsteigen oder sinken und sogar Loopings fliegen kann.
Hightech-Drachen wiederum stellen die Kür der Drachen dar. Da sie ziemliche Kraft entwickeln, wenn sie sich hoch in die Lüfte erheben, braucht der Pilot ein Trapez, um ihnen standzuhalten. Aus dieser Variante des Drachensteigen-Lassens hat sich der Trendsport Kite-Surfen entwickelt: Auf einem Surfbrett stehend lässt man sich vom Drachen über das Wasser ziehen. Und wird beim Springen über die Wellen durch den Drachen sogar hoch in die Luft geschleudert.

Gewusst wie

Wer seinen Drachen steigen lassen will, sucht sich ein möglichst freies Gelände, denn auf Bäumen könnte der Drachen hängen bleiben. Vorsicht ist auch, was den Untergrund betrifft, angesagt: Unebenheiten können den Besitzern der Drachen beim Laufen gefährlich werden. Gestartet wird am besten gegen den Wind. Dabei ist eine Windgeschwindigkeit zwischen zehn und 25 km/h perfekt. Man erkennt sie daran, dass sich die Äste der Bäume und kleine Bäume leicht im Wind bewegen.
Vor lauter Begeisterung sollte man nicht auf die Sicherheitsbestimmungen vergessen. Denn auch kleine Drachen gelten in Österreich als Luftfahrzeuge und dürfen nicht höher als 100 Meter steigen. Daher eine Schnur von maximal 100 Metern Länge (zu kurz sollte sie aber auch nicht sein, sonst fliegt der Drache nicht) verwenden, diese sollte außerdem aus Perlon sein, um im Fall des Falles die Leitfähigkeit für Strom gering zu halten. Bei Gewitter den Drachen sofort einholen – die feuchten Schnüre könnten den Blitz leiten. Verfängt sich der Drachen gar in einer Stromleitung, lässt man die Schnur unbedingt sofort los und informiert den Störungsdienst. Aber Achtung: Auch durch das Überspringen von Funken besteht Gefahr für denjenigen, der den Drachen steigen lässt. Daher immer reichlich Abstand zu elektrischen Freileitungen halten! Dann hat man bestimmt viel Freude mit seinem Drachen – und bewundert ihn, wie er hoch und höher seine Bahnen zieht.

 

Die besten Plätze zum Drachensteigen

In Wien:

die Loewygrube auf dem Laaerberg, die Steinhofgruende in Ottakring, die Donauinsel bei der Floridsdorfer Bruecke, am Himmel, am Cobenzl, auf der Donauinsel bei der Reichsbrücke, der Wolfersberg, der Rote Berg im 13. Bezirk, am Eskils Kanal

In NÖ:

die Perchtoldsdorfer Heide, der Eichkogel bei Mödling, südlich der Zuckerfabrik in Tulln, Rochusberg bei Mannersdorf, Hof am Leithaberg, Eichgraben

In OÖ: 

Donaulände in Linz, Eferdinger Becken
 

In Salzburg:

Zwischen St. Michael und Tamsweg

In Kärnten:

Feuerberg, Pöllatal / Katschberg

In Tirol:

Leutasch auf der Wiese, Zillertal, Mieminger Plateau

Sicherheitstipps des KFV, Kuratorium für Verkehrssicherheit

  • Den Platz fürs Drachensteigen mit den Kindern gemeinsam aussuchen – besonders wichtig ist der ausreichende Abstand zu elektrischen Freileitungen. Dieser muss die mehrfache Länge der Drachenschnur betragen. Da auch ohne direkte Berührung ein Funke überspringen kann, dürfen Drachenschnüre kein Metall enthalten. Bei Regen können auch Schnüre aus anderem Material gefährlich werden.
  • Kommt es zur Berührung eines Drachen oder einer Schnur mit einer Freileitung, die Schnur sofort loslassen. Der Drache soll niemals selbst befreit werden. Rufen Sie das Energieversorgungsunternehmen an!
  • Zieht ein Gewitter auf, den Drachen sofort einholen und das Drachensteigen vorerst beenden.
  • Drachen niemals neben befahrenen Straßen steigen lassen.
Text: Johanna Kröner
Fotos: Evgeny Atamanenko/Shutterstock.com
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