Raus aus dem Ehekoma

Und wer selbst kaum noch die eigenen Hemd- bzw. Blusenknöpfe aufbekommt, hat sicher keine Kraft mehr, dem zweiten an die Wäsche zu gehen.

Mehr Pfiff in Beziehung und Ehebett

„Doch was ist die Lösung für mehr Pfiff in Beziehung und Ehebett? Der Hausmann als Sexbestie? Die Vollzeitmutter als strapsverzierte Tabledancerin? Weit gefehlt! Denn wer für den Partner oder die Familie entgegen seinen Wünschen Beruf, Hobbys oder soziale Kontakte aufgibt, erweist der Beziehung damit eher einen Bärendienst.

“Um für den zweiten interessant und damit auch sexuell attraktiv zu bleiben, sollte man mit sich selbst und seinen eigenen Bedürfnissen im Einklang stehen”, gibt Frau Mag. Thalwitzer, Psychotherapeutin und Zentrumsleiterin des NÖ Hilfswerkes in Mödling zu bedenken.

Doch genau daran mangelt es so vielen Erfolgspaaren. Im täglichen Einerlei zwischen Jausenbrot, Mitteilungsheft und Job bleibt keine Zeit mehr für die Partnerschaft, Hobbys oder Freunde. Die Ehe wird nicht mehr als Ort der Entspannung empfunden, sondern verursacht nur noch mehr Stress.

Das Traumpaar – Syndrom

Das Autorenduo Wayne und Mary Sotile hat in ihrer psychotherapeutischen Praxis mehr als 5.000 solcher Paare behandelt und ihre Erfahrungen zu diesem Thema in dem Buch “Das Traumpaar-Syndrom” zusammengefasst.

Sie vergleichen das Leben vieler moderner Paare mit einer Autofahrt auf der Überholspur. Wer mit 200km/h die Straße entlangbraust, kann sich nicht mehr um die Temperatur im Wagen kümmern oder ein vernünftiges Gespräch mit seinen Mitfahrern führen. Um wieder zu mehr Lebensqualität zu finden und auf längere Sicht auch die Beziehung zu retten, müssen solche Menschen einen Gang zurückschalten.

Doch das ist leichter gesagt als getan. Wenn solche notorisch motivierten Erfolgsmenschen einmal kürzer treten, meldet sich sofort das schlechte Gewissen bei ihnen. Oder es macht sich gähnende Langweile breit, da sie mit der freien Zeit gar nichts mehr anfangen können. Für solche Menschen haben Wayne und Mary Sotile das Best-Programm entwickelt (Beating Stress Together). Wichtig ist dabei nicht gleich wieder den Klassenprimus geben zu wollen, sondern mit kleinen Schritten zu beginnen.

Leben in die Beziehung bringen

Am Anfang sollte einmal die Bestandsaufnahme stehen. Welche Dinge will ich wirklich für mich persönlich verändern? Welche Situationen lösen bei mir Stress aus und wie kann ich diese Fallen vermeiden? Die Autoren raten einen Vertrag mit sich selbst schließen, in dem man sich zu einer realistischen Veränderung verpflichtet. Klare Ziele zu definieren, die man auch in relativ kurzer Zeit erreichen kann, erleichtert das Vorhaben: also z.B. keine Arbeit mehr mit nach Hause zu nehmen, fix einen Spaziergang pro Woche mit dem Partner/der Partnerin einzuplanen o.ä.

Auf diese Weise geht einem auf dem langen Weg der kontinuierlichen Veränderung nicht gleich die Luft aus, weil der Erfolg so relativ leicht messbar ist. Oft bringt es schon Entspannung, wenn man wieder lernt einen Augenblick inne zu halten. Kurz ganz bewusst den zwitschernden Vögeln lauschen oder noch ein Lied im Auto zu Ende zu hören, bevor man weiterhetzt.

Die Erfolgsaussichten des Projektes Stressbekämpfung steigen deutlich, wenn man Familienmitglieder und Freunde von seinen Absichten informiert und um Unterstützung bittet. Ca. jede zwei Wochen ist es Zeit für ein Resümee: Was hat man in diesem Zeitraum erreicht, was hat nicht funktioniert und warum nicht? Dabei neigen Erfolgsmenschen wieder zur psychischen Selbstgeißelung, wenn nicht alles reibungslos funktioniert hat. Anstatt dadurch weiteren Stress aufzubauen sollte man sich eher vor Augen führen, was man schon erreicht hat.

Ganz wichtig ist es, sich selbst zu belohnen und damit auch wieder zu motivieren. Irgend etwas tun, was einem Spaß macht oder einfach nur gut tut. Ins Kino gehen, ein Bad nehmen…kleine Freuden, die den Alltag auflockern. Frau Mag. Thalwitzer rät Paaren, die dem Ehekoma entfliehen wollen, gemeinsame Hobbys zu entwickeln. Wenn er allerdings nicht den Vodoo-Puppen-Bastelkurs besuchen will und sie nicht in den Männergesangsverein aufgenommen wird, ist das auch kein Problem.

Faktor Zeit

Beide Partner sollen ruhig auch getrennt ihren Interessen nachgehen, das sorgt für Gesprächsstoff. Denn der oft zitierte Satz “Wir machen alles gemeinsam” ist nicht unbedingt Ausdruck erfüllter Zweisamkeit, sondern oft der Inbegriff gemeinsam erlebter intensiver Langeweile. Bei der Suche nach gemeinsamen Hobbys hilft es oft, sich einfach an frühere Zeiten zu erinnern.

Was hat man am Beginn der Beziehung gerne unternommen, bevor man vielleicht zu Papa und Mama mutiert ist? Gemeinsame Aktivitäten mit anderen Paaren können auch abseits des Partnertausches wieder viel Spannung in eine eingefahrene Beziehung bringen. Routine und Vorhersehbarkeit sind absolute Beziehungs- und auch Erotikkiller.

Darum tun Sie das Unerwartete! Organisieren Sie heimlich ein romantisches Dinner, machen Sie hinter dem Rücken Ihres Partners mit seinem/seiner Vorgesetzten einen Urlaub aus und überraschen Sie ihn oder sie damit. Besonders Frauen können Aufmerksamkeit dieser Art kaum widerstehen. Denn damit zeigt man etwas, worauf alle Menschen reflektieren: Wertschätzung.

Dos and Don´ts

Destruktive Kritik gibt dem zweiten das Gefühl als Person abgelehnt zu werden. Sogenannte “Ich-Botschaften” führen da schon eher zum Ziel. “Ich fühle mich nicht gut, wenn du dieses oder jenes machst”, kommt besser an als reine Vorwürfe. Und Gründe für Kritik wird es immer geben. Schließlich gibt es keinen 100% Mr. oder Mrs. Right, auch wenn diverse Hollywood-Schmachtfilme uns das weismachen wollen.
“Ich will einfach keine Kompromisse in einer Beziehung eingehen!” kann man von hippen Singlefrauen in Hochglanzmagazinen immer wieder gerne lesen. Gut, die werden auch sicher weiterhin allein leben und das ist wahrscheinlich auch besser so. Denn eine Beziehung ist ein dauernder Kompromiss. Psychologen sprechen davon, dass der Partner oder die Partnerin einfach “gut genug”, keinesfalls “perfekt” sein muss.

Erfahrene Ehefrauen sprechen davon, dass frau eigentlich mindestens drei Männer zum Glücklichsein braucht: einen fürs Bett, einen als Vater für die Kinder und einen dritten, der die anderen beiden erhält. Sollten allerdings die Herren der Schöpfung ähnliche Ansprüche anmelden, wird es unübersichtlich. Und das wiederum bedeutet Stress pur…

Foto: Leon Rafael – shutterstock.com

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