Baust du schon?

Text: Gilbert Brandl

„Hinterholz 8“ wartet im Verborgenen wie ein Virus auf seinen Ausbruch:

Falsche Beratung, falscher Standort, falsche Finanzierung – nicht selten gleicht der Bau des Traumhauses der Realisierung eines Albtraums. Ist der Bauherr nicht Architekt, Sachverständiger, Statiker und Finanzfachmann in einem, lauern unzählige Gefahren auf dem Weg zwischen Planung und Gleichenfeier. Windige Generalunternehmer nehmen „Häuslbauer“ gnadenlos aus, ziehen Ahnungslose mit Tricks über den Tisch. Pfusch am Bau hat schon so manchen Träumer von den eigenen vier Wänden in den Ruin getrieben. Und die Verantwortlichen können oft nicht einmal gesetzlich belangt werden.

 

Der frühe Ziegel

Bevor Sie sich in das Wagnis Wohnraumschaffung stürzen, gilt als oberste Regel: rechnen, rechnen und nochmals rechnen. Sind Sie – sofern Sie nicht genügend Eigenkapital besitzen und Ihren Wohntraum fremdfinanzieren müssen – bereit, sich knapp 25 Jahre lang an eine Bank zu binden? Haben Sie vor, in absehbarer Zeit eine persönliche Veränderung – sei es beruflich oder privat – zu vollziehen? Wie stabil ist Ihre derzeitige private Situation? Wie sieht es mit Anfahrtswegen zu Ihrer Arbeitsstätte aus? Und: Bindung schließt auch Absicherung für den Fall des Falles ein … Nein, wir wollen Ihre Träume nicht schon im Vorfeld zunichte machen! Wir wollen Ihnen einen Ratgeber liefern, der so nah wie nur irgend möglich an der Realität gebaut ist.

Am Anfang steht das Grundstück

Meist entschließt man sich aus subjektiven Gründen für die eine oder andere Wohngegend: Günstige Lage, nahe Verwandte, besonderes Umfeld sind nur einige von vielen Kriterien, sich an einem bestimmten Platz sesshaft zu machen. Nachdem die „Bauchentscheidung“ gefallen ist, geht es an einen genauen Grundstückscheck. Ausrichtung des Grundstücks? Wichtig für Solaranlagenbau und klimatische Einflüsse!
• Flächenwidmung: Bauland, landwirtschaftliche Fläche etc.?
Bauvorschriften und bauliche Auflagen: Höhe, Abstände zum Nachbargrundstück, Fluchten etc.?
• Hanglage und Topografie?
• Grundwasserversorgung und Grundwasserspiegel?
• Wasserqualität? Sind besondere technische Vorraussetzungen notwendig?
• Beschaffenheit des Bodens – fundamental für das Fundament: Sand, Schotter, Felsen, Erde, Lehm etc.?
• Aufschließungskosten und Aufschließungsmöglichkeiten: Strom, Gas, Wasser, Kanal, Telefonleitungen etc.?
• Umweltbelastungen: Boden, Luft, Lärm?
• Infrastruktur: Kindergarten, Schulen,
• Ärzte, Supermärkte, öffentliche Verkehrsmittel?

Planoffensive

Das wichtigste Gebot beim Hausbau ist die genaue Planung.
Besuchen Sie Ihre künftige Wohngegend unbedingt mehrmals zu unterschiedlichen Zeiten – so bekommen Sie einen wirklichkeitsnahen Einblick in die Alltagseinflüsse. Sprechen Sie mit Ansässigen und auch mit den jeweiligen Gemeindevertretern. Grundsätzlich gilt: Augen und Ohren offen halten!

Achtung: Zusatzkosten!
Passt das Grundstück, dann bricht meist die Phase der ersten Euphorie aus. Nun heißt es
kühlen Kopf bewahren und noch einmal rechnen: Denn der zusätzliche finanzielle Aufwand für Rechtsgeschäfte und Ähnliches wird nur zu gerne viel zu niedrig angesetzt.

Checkliste Nebenkosten

• Kosten für Notar und Rechtsanwalt
• Gerichtsgebühren
• Grunderwerbsteuer
• Kosten für den Eintrag ins Grundbuch
• Etwaige Maklergebühren oder Vermittlungsprovisionen
• ausstehende Abfindungszahlungen
• Sachverständigenkosten
• Sanierungskosten (Untergrund, Garten)
• Kreditsteuer (0,8 Prozent der Darlehenssumme)

Die Hausplanung

Gehen wir also davon aus, dass Sie all diese Eckdaten berücksichtigt haben und auch sonstige finanzielle Dinge geklärt sind, dann steht als nächstes die Frage an: Was soll denn nun eigentlich gebaut werden? Welches Haus für welchen Zweck – diese Überlegung bestimmt Ihr Vorhaben. Fertighausparks, meist in der Nähe von Großstädten und Einkaufszentren gelegen, liefern schon einen soliden Überblick über jene Dimension, mit der pekuniär gerechnet werden muss. Fertigteilhaus, Architektenhaus, Öko- oder Niedrigenergiehaus – das sind nur einige Begriffe, mit denen Sie sich vertraut machen sollten.

Fertigteilhaus

Fertigteilhäuser bekommen Sie heute in den unterschiedlichsten Materialien als Massivbau (Ziegel), Leichtbau (Holzverschalung und Rigips) oder Blockhaus in den Garten gestellt. Gerade bei Fertigteilhäusern gilt es genau zu vergleichen: Denn je nach Anbieter variieren gleich benannte Leistungen, was dann die tatsächliche Ausführung anbelangt. Wollen Sie den Großteil der Arbeiten anderen überlassen, dann sind Sie mit dieser günstigen Form des relativ schnell errichteten Eigenheims auf dem richtigen Weg zum „Hausbesitzer“. Allerdings unterscheidet man beim Fertigteilhaus verschiedene Ausbaustufen, die den Preis wesentlich bestimmen. Apropos Preis: Keller bzw. Fundamente sind meist separat zu planen und zu bezahlen. Rohbauhaus: Nach Grundrissfestlegung bekommen Sie als Bauherr eine witterungsresistente Außenhülle geliefert. Alle weiteren Ausbauleistungen und Installationen können Sie selbst bzw. ein Professionist erledigen. Ausbauhaus: Zum erwähnten Rohbau kommen individuell vereinbarte Ausbauleistungen (Installationen, Badausbau, Heizung etc.) hinzu. Belagsfertig: Alle Installationsarbeiten wurden bereits getätigt. Nicht inkludiert sind Wand- und Bodenbeläge sowie die Sanitärausstattung. Schlüsselfertig: Nach der Errichtung des Hauses braucht man eigentlich nur noch den Schlüssel ins Schloss stecken und kann draufloswohnen. Oft fehlen zwar noch Tapeten, Parkett- und Teppichböden. Fertigteilhausfirmen vermitteln solche Leistungen jedoch separat oder stehen hilfreich zur Seite.

Vorteile:
• Transparenz: Dank der Musterhäuser wissen Sie vorher schon recht genau, wie Ihr Heim nachher aussieht.
• Schnelle Bauzeit: Ein Fertighaus ist in sechs bis zehn Monaten fix und fertig.
• Kalkulierbare Kosten: Sie wissen von Beginn an, was einzelne Ausbaustufen kosten.
• Professionell: Mittlerweile entwerfen sogar Stararchitekten Fertigteilhäuser.
• Lieferung von Endprodukten: Die Verantwortung für die Ausführung liegt bei der Firma (und bestimmt deren Ruf …).
• Weniger Behördenwege: Förderungsansuchen ausgenommen, unterstützt Sie der  Fertigteilhausanbieter in der Regel mit dem Amtsschimmel.
• Planbar: Mittels Computeranimation können Sie sich ein virtuelles Bild von Ihrem Wohntraum machen.
• Energiesparen: Fast alle Fertigteilhäuser sind heute so genannte Niedrigenergiehäuser.
• Paket-Angebot: Manchmal werden Haus und Grundstück als Gesamtpaket angeboten.

Nachteile:
•Weniger Individualität: Durch den Einsatz von Fertigmodulen ist meist wenig Spielraum für Individualität gegeben.
• Kosten: Auch Fertigteilhäuser kosten Geld. Wenn Sie selbst gerne Hand anlegen und Zeit kaum eine Rolle spielt, dann sind Fertigteilhäuser allerdings manchmal ein wenig billiger.
• Keller: Bei Fertigteilhäusern oftmals nicht vorgesehen, kosten Keller oder Fundament in der Regel extra. So kommen schnell 30.000 Euro dazu!

Architektenhaus

Der größte Unterschied zum Fertigteilhaus: Architekten begreifen die Planung als Prozess und entwickeln zusammen mit dem Bauherrn ein individuelles Zuhause – ein Fertighausbauer hat die Pläne in der Schublade und liefert sofort … aber eben immer das Gleiche. Natürlich ist das Bauen mit dem Architekten zeitaufwändiger und auch anstrengender. Dafür wird man aber mit absoluter Individualität belohnt. Und die schlägt sich nicht prinzipiell im Preis nieder: Architektenhäuser müssen nicht unbedingt teurer sein als Fertigteilhäuser.

Vorteile:
• Individualität: Sie wohnen nicht von der Stange! Und: Alle Wünsche werden bei den Ausschreibungen berücksichtigt.
• Transparenz: Sie haben in jeder Phase Einblick in das Wachstum Ihres Hauses.

Nachteile:
• Zeit und Dauer: Erst im Verlauf mehrerer Sitzungen vermag Ihr Haus Gestalt anzunehmen.
• Koordination: Man ist bei Planung und Bau mit mehreren Ansprechpartnern konfrontiert.
• Kosten: Hier ist nichts all-inclusive.
• Kein „Ansichtsexemplar“: Vorab können Sie nichts besichtigen.
• Behördenwege: Müssen selbst erledigt werden.

Niedrigenergiehaus

Niedrigenergiehäuser sind nicht nur in Zeiten des Klimawandels sinnvoll und ressourcenschonend. Die kurzfristigen Mehrkosten für spezielle Einbauten amortisieren sich in der Regel schon in den ersten zehn Jahren, tragen jedoch sofort zur Schonung der Umwelt bei. Schon bei der Planung gilt es mit Ihrer Hausbaufirma abzuklären, dass Folgendes gewährleistet ist: ein besonders dick gedämmtes Dach; die lückenlose Isolation der Außenwand; dichte Fenster und Türen; die Dämmung von Kellerdecke und Kellerwänden.
Je mehr dieser Umweltmaßnahmen Sie in ihrem künftigen Heim berücksichtigen, umso weniger Energie werden Sie in Zukunft benötigen, um es zu betreiben. Auch der gestiegene Verkehrswert ist ein nicht zu vernachlässigender
Aspekt!

Vorteile:
• Umweltschonend: Sie sparen Ressourcen!
• Zukunftssicher: Energiekrisen können Ihnen weniger anhaben.

Nachteile:
• Kosten: Für zusätzliche Maßnahmen wie Dämmung und Isolation fallen unmittelbar höhere Bau kosten an.

Passivhaus

Das Passivhaus ist die konsequente Weiterentwicklung des Niedrigenergiehauses und benötigt im Vergleich zu diesem um 80 Prozent weniger Heizenergie. Diese sensationelle Einsparung erreicht das Passivhaus einzig durch die beiden Grundprinzipien „Wärmeverluste vermeiden“ und „freie Wärmegewinne optimieren“!
Die Unterschiede zum Niedrigenergiehaus: besondere Dämmung der Gebäudehülle, Dreifachverglasung der Fenster zu allen Seiten, extreme Luftdichtheit, Verzicht auf Heizung, Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, energieeffiziente Hausgeräte, Solarthermieanlage oder Wärmepumpe und besonders gedämmte Wasserleitungen.

Vorteile:
• Aktiver Umweltschutz: Sie sparen Ressourcen!
• Baukosten-Ersparnis: keine Heizungsanlage nötig.
• Heizkosten: 90 Prozent geringer als bei unsanierten Altbauten.
• Weitgehende Unabhängigkeit von Preissteigerungen für Energie.
• Längere Haltbarkeit der Bauteile durch Luft- und Feuchtigkeitsschutz.
• Niedriges Schimmelrisiko (bei korrekter Dämmung).
• Verbesserter Schallschutz durch Dämmung.
• Gesundes Raumklima: keine kalten Wände, keine Zugluft, viel Lichteinfall.

Nachteile:
• Kosten: ev. höhere Investitionskosten.
• Aufwändig: Regulierung der Warmluftströme für einzelne Räume.
• Sensibel: Stromausfall bewirkt Stillstand der Lüftungsanlage.
• Raumklima: Im Winter niedrige Luftfeuchte, im Sommer schnelles Aufheizen.

Wohnbauförderungen

Sie sehen Ihr Haus im Geiste bereits vor sich und haben eine Summe vor Augen, die Ihnen leichte Schweißperlen auf die Stirne treibt? Entspannen Sie sich wieder: Denn nun folgt der für Häuslbauer wichtigste Punkt: die Förderungen! Grundsätzlich kocht jedes Bundesland sein eigenes Förderungssüppchen. So gibt es beispielsweise einmalige, nicht rückzahlbare – also geschenkte – Zuschüsse, Direktdarlehen der einzelnen Landesregierungen oder Annuitätenzuschüsse zu Bankdarlehen. Ein direkter Vergleich der einzelnen Förderungen ist also nur bedingt möglich.

Wofür auch immer Sie sich entscheiden – Fertigteil- oder Architektenhaus, Niedrigenergie- oder Passivhaus –, in jedem Fall gilt: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob er nicht noch etwas Förderungswertes findet“!

Einen Überblick über die wichtigsten Förderungen der einzelnen Bundesländer finden Sie (ohne Anspruch auf Vollständigkeit!) hier.

Foto: Shutterstock.com

Tyler Olson

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