„Jede Zwangsehe zeigt fehlende Prävention“

Bewusstseinsbildung und Austausch stand im Zentrum einer Tagung zum Thema Zwangsheirat und Verschleppung, zu der die Caritas Steiermark nach Graz eingeladen hatte. Über 100 Teilnehmer*innen aus ganz Österreich informierten sich über Möglichkeiten der Prävention, über Warnsignale und Handlungsmöglichkeiten im Fall von „Gewalt im Namen der Ehre“. Als Ergebnis aus den Vorträgen internationaler Expertinnen, Workshops und Gesprächen im Rathaus und im Volkskundemuseum hielten die Teilnehmer*innen nach zwei Tagen fest: Sensibilisierung, bessere Vernetzung und frühzeitig ansetzende Bewusstseinsbildung sind wesentliche Instrumente, um dem Thema zu begegnen.

„Jede Zwangsehe ist ein Zeichen fehlender Prävention,“ betonte Referentin „Jede Zwangsehe ist ein Zeichen fehlender Prävention,“ Leiterin des Kompetenzzentrums gegen Verschleppung PeriFeri, das betroffene Frauen berät und unterstützt. Niederschwellige Erreichbarkeit, Wissen um Alarmsignale und vor allem die Förderung der Selbstbestimmung nannte Weiland als wesentliche Elemente von Prävention. Die Juristin Maryam Alemi, Leiterin der Rechtsberatung der Caritas Wien, und die Sozialmanagerin Najwa Duzdar verwiesen in ihrem Überblick über die Situation in Österreich auf 61 Anzeigen gegen 83 Tatverdächtige im Zusammenhang mit Zwangsverheiratungen in Österreich zwischen 2016 und 2022. Dabei sei es nur zu acht Verurteilungen gekommen. Zudem wird eine hohe Dunkelziffer angenommen: Die Expertinnen gehen von rund 200 Fällen pro Jahr in Österreich aus.

Die ehemalige Leiterin des Instituts für Konfliktforschung Wien, Birgitt Haller, betonte die Individualität der Situationen. Es gebe keinen „Musterfall“; alle Hinweise auf eine Gefährdung müssten ernst genommen werden. In begleitenden Workshops erarbeiteten die Teilnehmer*innen Möglichkeiten, bestehende Hilfestrukturen weiterzuentwickeln und den notwendigen Austausch unter Fachkräften zu verstärken. Große Beachtung fand das Modell „Malala im Museum“ der Caritas mit dem Museum Joanneum, bei dem im Rahmen von Museumsbesuchen auch Fragen zu Gewalt, Selbstbestimmung oder Rollenmodellen zur Sprache kommen.

Caritasdirektorin Nora Tödtling-Musenbichler hob die Verantwortung der Gesellschaft hervor: „Die Selbstbestimmung von Frauen zu verletzen ist eine rote Linie. Da schauen wir als Caritas hin – und nicht weg. Es ist unser Auftrag, in der Gesellschaft das Bewusstsein für dieses Thema zu schärfen.“ Die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr als Gastgeberin unterstrich, es gehe darum, das Schweigen zu brechen und „die Werkzeuge im Kampf gegen diese Form der Gewalt weiter zu schärfen“.

Organisiert haben die Tagung die Teams um Elif Yalcinkaya und Hannah Pacher-Schöffmann der Caritas-Projekte DIVAN als Anlaufstelle für Frauen, die von „Gewalt im Namen der Ehre“ betroffen sind, der Männerberatung CariM, PopUp Chai und Malala im Museum.

Mit Unterstützung der Stadt Graz und in Kooperation mit dem Museum Joanneum.

Weitere Informationen

www.caritas-steiermark.at/divan

www.periferi.at

www.gegen-zwangsheirat.at

Aussender: Caritas Diözese Graz-Seckau
Foto: Fischer/Stadt Graz
Datum: 2025-05-09

Anmerkung fratz.at: Bei den hier stehenden Nachrichten handelt es sich um Originaltexte der jeweiligen Aussender.