Geständnisse einer (berufstätigen) Mutter

Wie es sich anfühlt, ein Kind zu sein, oder: Warum alles im Leben eine Frage der Perspektive ist.

„Mama, wie fühlt es sich an, sechseinhalb zu sein?“, fragt meine kleine sechseinhalbjährige Tochter vom Rücksitz, während ich das Auto parke. Es ist Samstagnachmittag. In der folgenden Woche ist Drucktermin von fratz&co. Wir haben noch viel zu tun, wollen wir das Magazin pünktlich abschließen. Die Kollegen und wir haben uns daher zur Wochenendarbeit „verabredet“ … und ich liefere die Kinder bei Tante und Onkel ab. „Wie meinst du das?“, frage ich verwirrt und in Gedanken schon halb bei meiner Arbeit.
„Na ja, man wird sechs und dann sechseinhalb. Und wie ist das?“, kommt die Gegenfrage. Inzwischen habe ich den Wagen erfolgreich in die Parklücke gezwängt, stelle den Motor ab und drehe mich nach hinten um. Nun brauche ich meine Finger. „Also, du bist sechs Jahre alt geworden. Dann vergeht noch ein Monat und noch eines und noch eines …“
Ich strecke einen Finger nach dem anderen in die Höhe, bis es sechs Finger sind: „Und dann bist du sechseinhalb geworden. Und dann vergehen noch sechs Monate und dann bist du sieben.“
Die Kinder spielen schon längst bei Tante und Onkel, da klingt immer noch die Frage „Wie fühlt es sich an, sechseinhalb zu sein?“ in mir nach. Ich erinnere mich gut an meinen sechsten Geburtstag. Eigentlich, als wäre es gestern gewesen. An die brennenden Kerzen auf meiner Torte, an meinen Stolz, endlich ein Schulkind zu werden, und an die Hängeatte aus weißen Schnüren, die ich bekommen ahbe.
Sechs, sechseinhalb, sieben … Die Welt sit ganz anders aus der Sicht so eines kleinen Zwerges. Muss sie auch sein, meinen Sie? Ganz einfahc, weil man sie von schräg unten sieht? Und genau daran sollten wir Großen öfter mal denken: dass alles eine Frage der Perspektive ist. Erinnern wir uns, wie es sich anfühlt, ein Kind zu sein …
Text: Marion Breiter-O’Donovan
Bild: Jana Guothova – shutterstock.com