High-Tech gegen Empfängnis

Für die sensible Phase nach der Geburt eines Kindes ist es aber vor allen Dingen wichtig, dass die Eltern genau wissen, was sie in Zukunft wollen.

Das nicht ganz zwei Monate alte Baby im Körbchen neben dem Bett schläft wie ein kleiner Engel, der Zweijährige im nächsten Zimmer büselt ebenfalls friedlich. Endlich, es ist geschafft, jedes Kind hat seinen Rhythmus in der jungen Familie gefunden. Klar, nun haben auch Mama und Papa wieder eher Lust und Zeit, sich rhythmischeren Dingen zuzuwenden.

Der bange Gedanke “Sex nach der Schwangerschaft, wird das viel anders?” wird zumeist abgelöst von “Ha, fein, wir haben was Neues entdeckt!” Aber spätestens dann, wenn beide wieder so richtig ins Vergnügen wollen, stellt sich die bange Frage: “Was, wenn wir schon wieder ein Baby fabrizieren?”

Geplante Familie

Für jene, die eine größere Familie planen, ist eigentlich alles paletti und es kann munter weitergehen. Mütter, die Abstand zu weiteren Kindern wollen oder vielleicht gar vom Kinderkriegen die Nase voll haben, müssen sich nun etwas überlegen.

Wann ist das nächste Kind willkommen?
Gynäkologe Univ.Prof.Dr. Sepp Leodolter, Vorstand der klinischen Abteilung für Gynäkologie am Wiener AKH führt seine Patientinnen behutsam zur passenden Verhütungsform nach der Schwangerschaft: “Wenn eine Frau bei der ersten Untersuchung nach der Geburt eines Kindes zu mir kommt, dann überlegen wir gemeinsam. Zunächst dauert der Wochenfluss im Schnitt sechs Wochen.

Dabei ist Geschlechtsverkehr aufgrund der Keime nicht ratsam. Nach sechs Wochen besteht bei vollem Stillen etwa weitere sechs Wochen fast 100-prozentiger Schutz. Für die Zeit danach muss die Frau wissen, ob sie noch weiter stillen will oder nicht.” Steigt Baby gleich um auf die Flasche, dann kann der Gynäkologe der Mutter sofort die Pille (Pearl-Index 1,2 – 0,9) verschreiben. Nährt sich der Nachwuchs weiterhin an Mutters Busen, dann könnte nur auf eine niedrig dosierte Pille (mit 20 Mikrogramm Ethinylestradiol) zurückgegriffen werden.

Als Alternative rät Leodolter zur mechanischen Verhütung (Kondom) oder zur 3-Monatsspritze (Pearl-Index 0,3-0,4). “Damit hat die Frau nun weitere drei sichere Monate gewonnen. Die Nebenwirkungen der Depotspritze – also ein generelles Gefühl des Aufgeblasen-Seins – nehmen stillende Frauen meist nicht wahr, weil sie ohnehin noch unter dem starken Einfluss der Stillhormone stehen. Dadurch sind sie generell noch etwas rundlicher.” (Preis der Spritze etwa € 12.-)

Nach dieser Zeit muss die Frau wieder entscheiden, wie lange sie verhüten möchte. Überlegt die junge Mutter vielleicht wieder in einem Jahr ein Kind zu bekommen, dann kann sie getrost bei der Depotspritze bleiben. Möchte sie vielleicht erst wieder in drei Jahren ein Kind haben, dann ist die Spirale (Pearl-Index 1-2) ein geeignetes Langzeit-Verhütungsmittel. Leodolter: “Moderne Kupferspiralen können bereits 5 Jahre an ihrem Platz bleiben und sind besonders für Frauen, die keine hormonelle Verhütung wünschen, empfehlenswert.”

Hormonspirale und Implantat

Univ. Prof. Dr. Paul Riss, Vorstand der gynäkologischen Abteilung am LKH Mödling, rät stillenden Frauen, die eine zuverlässige und unproblematische Verhütung suchen, auch gerne zur Hormonspirale. Da sie ihre Wirkung vorwiegend lokal in der Gebärmutter entfaltet, übt sie keine negative Wirkung auf die Stillfähigkeit aus. Außerdem ist die Hormonspirale zusätzlich zur Beseitigung von langen und schmerzhaften Blutungen hervorragend geeignet.

Beim Hormonimplantat (“Stäbchen”, Pearl-Index 0,0-0,07) muss die Anwenderin mit den gleichen Nebenwirkungen rechnen wie bei den Depotspritzen, da es ebenfalls auf der Wirkung des Gelbkörperhormons beruht. Wassereinlagerungen, Gewichtszunahme, eventuell Kopfschmerzen und – bei der Kinderverhütung vielleicht nicht ganz unerheblich – ein unterschiedlich stark wahrnehmbarer Libidoverlust werden in den ausführlicheren Werbebroschüren der Pharmahersteller erwähnt. Ob der Arzt der Patientin diese möglichen Nebenwirkungen mitteilt, bleibt ihm selbst überlassen. Frau muss also rechtzeitig selber Informationen beschaffen. (Internetseiten div. Pharma-Hersteller oder direkt Broschüren anfordern.)

Möglichkeiten wie nie zuvor
Nächstes Jahr kommt auch noch ein Hormonpflaster auf den Markt, das auf Oberarm, Bauch, Innenschenkel oder den Po geklebt wird. Voraussichtlich im Herbst wird es auch noch einen Vaginalring von Organon zu kaufen geben. Das Produkt wird einmal im Monat in die Scheide eingesetzt und gibt direkt seine empfängnisverhütenden Hormone frei.

Temperatur-Methode de Luxe
Frauen, die in den Hormonhaushalt nicht eingreifen wollen, können auf Natürlicheres umsteigen. Aber bitte niemals vergessen: Hier besteht doch ein gewisser Unsicherheitsfaktor, der sich nur durch äußerste Disziplin gering halten lässt. Auf der althergebrachten Temperatur-Mess-Methode fußen die diversen in Apotheken erhältlichen Zykluscomputer (etwa € 190.-).

Sie sind für Frauen, die ihren Körper gut kennen und gewöhnlich einen regelmäßigen Zyklus haben, durchaus weiterzuempfehlen. Dr. Sepp Leodolter: “Die Computer eignen sich aber nur für die Bestimmung der zweiten Zyklushälfte.” Das heißt, damit lässt sich anhand des abzulesenden Temperaturanstieges genauer sagen, ob der Eisprung schon stattgefunden hat oder nicht. Für die “gefährliche” Phase bis zu einem Eisprung empfiehlt der Gynäkologe daher entweder Enthaltsamkeit oder die Verwendung von Kondomen oder anderen Verhütungsmitteln.

Ziemlich sicher lässt sich ein Eisprung übrigens mit dem Selbsttest “Femoval” von Hartmann, erhältlich in der Apotheke (€ 35,63), bestimmen. Nachdem man also mit dem Stäbchen und dem Computer den Eisprung bestimmt und zwei Tage gewartet hat, kann man relativ sorglos in eine lustvollere Phase übergehen. Wer in der ersten Zyklushälfte auf chemische Mittel (z.B. Scheiden-Zäpfchen) vertraut, sollte wissen, dass die einen Pearl-Index von 5-10 aufweisen.

Endgültige Entscheidungen gut überdenken

Speziell bei Frauen über 35 Jahren hat sich in den letzen Jahren das Verhütungsverhalten stark verändert. Die Entscheidung zur Sterilisation wird immer häufiger getroffen und liegt derzeit zwischen 20 und 30 Prozent. Diese Entwicklung kann problematisch sein, da sich die Lebensumstände oft schnell ändern. Und eine veränderte Lebenssituation führt nicht selten zu Unzufriedenheit mit der Endgültigkeit der Sterilisation.
Bei diesem Eingriff werden die Eileiter undurchgängig gemacht, sodass das reife Ei nicht in die Gebärmutter gelangen kann. Bei etwa 1% der Sterilisationen können aber auch die Eierstöcke verletzt werden, was möglicherweise zu Blutungen oder auch zu vorzeitigem Einsetzen der Wechseljahre führt. Daher rät die Pharmaindustrie auch zur Hormonspirale, da die einen sehr hohen Empfängnisschutz bietet (Pearl-Index von 0,1 – 0,2.) Sowohl die Sterilisation sowie das männliche Pendant, die Vasektomie, (Durchtrennung der Samenleiter) sind, außer in stundenlangen Operationen von Spezialisten, grundsätzlich nicht rückgängig zu machen.

Sollte dennoch ein Kinderwunsch auftauchen, kann der mit einer Befruchtung außerhalb des Köpers (In-Vitro-Fertilisation) vielleicht noch einmal erfüllt werden. Dr. Sepp Leodolter: “Ich nehme eine Sterilisation nur nach mehreren Gesprächen vor. Und nur dann, wenn die Idee von der Frau selber kommt, oder wenn es Indikationen gibt, die gegen die Pille oder die Spirale sprechen.“

Nachdenklich stimmt es, dass Frauen sich mit zunehmendem Alter entschließen, auf Verhütung ganz zu verzichten. Und dann steigt natürlich das Risiko einer Schwangerschaft. Grundsätzlich eine Situation, die angesichts der Vielzahl von Verhütungsmittel wirklich leicht vermeidbar wäre.

Foto: Shutterstock.com, Africa Studio

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