Die Nase der kleinen Julia kribbelt und ein herzhaftes Haaa…tschi! ertönt. Etwa eineinhalb Meter weit fliegen die feinen Tröpfchen durch die Luft und werden von ihren Spielgefährten eingeatmet – in diesem Fall sind leider ansteckende, grippale Viren dabei. Einige der Kinder werden ebenfalls eine Erkältung bekommen, bei anderen wird es spurlos vorbei gehen. Schnupfen, Halsweh, Husten oder Grippe haben in der kalten Jahreszeit wieder Hochsaison. Kindergärten, Schulen und öffentliche Verkehrsmittel sind naturgemäß Orte, wo die Viren leicht weitergegeben werden können.
Julia ist zu Hause quengelig, hat fiebrig glänzende Augen und will nichts essen – ihre Mutter ahnt schon, dass sich etwas anbahnt und verordnet Julia Bettruhe. Doch oft sind die Symptome nicht eindeutig und die Eltern ratlos: Handelt es sich um eine harmlose Erkältung oder ist es eine echte Grippe, muss man sich bei Fieber mit 39 °C ernsthafte Sorgen machen oder genügen Wadenwickel? Fratz & Co hat für Sie die wichtigsten Facts rund um Grippe, grippale Infekte und Fieber zusammengetragen und ärztlichen Rat bei Dr. med. Jan Vagedes, Wissenschaftlicher Leiter des ARCIM-Institutes, Filderstadt und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Univ. Tübingen, eingeholt.
Symptome oft nicht eindeutig
Eine Erkältung oder ein grippaler Infekt, ist eine hoch ansteckende, meist harmlose Viruserkrankung. Rund 200 verschiedene Viren sind im Umlauf. Im Gegensatz zur „echten“ Grippe ist eine Impfung beim grippalen Infekt nicht möglich und die vielfältigen Erreger sind dafür verantwortlich, dass besonders kleinere Kinder, kaum, dass der eine Infekt überstanden ist, sich auch schon einen neuen einfangen können. Medikamente, welche die Viren außer Gefecht setzen gibt es nicht und in der Regel dauert es etwa eine Woche bis zehn Tage, bis das Kind wieder gesund ist. Die Medizin kann jedoch unterstützend Symptome mildern.
Die Verbreitung eines grippalen Infekts erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Schnupfen, Husten, Fieber, Hals- oder Kopfscherzen sind einige der gängigsten Symptome. Haben sich Kinder angesteckt, so fühlen sie sich oft abgeschlagen und legen sich freiwillig hin, andere hingegen möchten munter weiter spielen.
Typische Anzeichen
grippaler Infekt / Erkältung
- Fieber, Schüttelfrost
- Niesen
- Schnupfen, Husten, Halsweh
- Kopf- und Gliederschmerzen
- Mattigkeit, Appetitlosigkeit
- gelegentlich auch Bauchweh, Erbrechen, Durchfall
Grippe / Influenza
- gleich wie beim grippalen Infekt – zudem:
- plötzlicher Ausbruch
- hohes Fieber
Bei einer „echten“ Grippe oder Influenza treten die gleichen Symptome auf, doch ist der Verlauf ungleich schwerer und das Fieber höher als bei einem gewöhnlichen Infekt. Die Inkubationszeit dauert ein oder zwei Tage. Ewa vier bis fünf Tage nach dem Auftreten der ersten Anzeichen ist der Patient, in der Regel, ansteckend für andere.
Anders als bei einem grippalen Infekt ist eine Impfung gegen das der Grippe zu Grunde liegende Influenzavirus möglich. Da sich die Influenzaviren jedoch ständig verändern muss der Impfstoff jedes Jahr neu angepasst werden, wobei man natürlich im Voraus nie ganz genau weiß, wie nun der neue Virus im Endeffekt wirklich ausschaut. Wer sich oder seine Familie impfen möchte, sollte einkalkulieren, dass es etwa zwei dauert Wochen dauert, bis der volle Impfschutz gegeben ist. Gegen Grippe gibt es auch konventionelle Medikamente, welche die Krankheitsdauer verkürzen. Doch wegen der möglichen, manchmal starken Nebenwirkungen werden sie an Kinder kaum verabreicht.
Da bei einer Grippe das Immunsystem geschwächt und die Schleimhaut der Atemwege angegriffen wird, ist man, egal ob Kind oder Erwachsener, anfällig für weitere virale oder bakterielle Erkrankungen. Gerade einem Kind sollte man genug Zeit für die Genesung lassen und es nicht zu früh los schicken – etwas, das für berufstätige Eltern nicht immer leicht umsetzbar ist.
Was tun im Krankheitsfall:
- wenn man sich nicht sicher ist, unbedingt einen Arzt kontaktieren
- Bettruhe (oder zumindest ein geruhsamer Tagesablauf)
- viel trinken, besonders bei Fieber
- lüften und für ausreichend Luftfeuchtigkeit sorgen (feuchte Tücher aufhängen)
- bei der Linderung von Symptomen können die Schul- oder Komplementärmedizin sowie Hausmittel helfen
- genug Zeit für die Genesung einkalkulieren
Wenn die Temperatur steigt
Fieber ist eine körpereigene Waffe um Erkrankungen zu bekämpfen, denn viele Erreger können bei höheren Temperaturen schlechter überleben. Unterdrückt man bei Kindern oftmals grundlos die natürliche Abwehrreaktion des Körpers, ist das für den weiteren Krankheitsverlauf nicht unbedingt förderlich. Viele Eltern geben vorbeugend Fiebermittel, da sie Sorge haben, dass ihr Kind Fieberkrämpfe bekommt. Die Angst ist fast immer unbegründet, denn die meisten Verläufe sind harmlos und nach ein bis zwei Minuten vorbei. Dauert der Anfall hingegen über 15 Minuten oder kommt nur bei einem Körperteil vor, ist ärztlicher Beistand notwendig.
Ab wann spricht man von Fieber?
- ab 38,5 °C
- bei Säuglingen schon ab 38 °C
- Zum Arzt, wenn:
- Säuglinge (jünger als sechs Monate) über 38 °C fiebern
- Babys (bis 12 Monate) über 38,5 °C haben
- Kleinkinder (bis vier Jahren) mehr als 39 °C bekommen
- Ältere Kinder können höher fiebern, ohne dass es bedenklich ist. Doch nicht nur die Temperatur ist wichtig, sondern der Allgemeinzustand!
- Fieber sollte in den ersten drei Lebensmonaten bzw. bei schlechtem Allgemeinzustand oder Bewusstseinsstörungen immer abgeklärt werden.
Nachgefragt bei Dr. Jan Vagedes
fratz&co: Wie erkennt man sicher, ob es sich nun um eine Grippe oder einen grippalen Infekt handelt?
Dr. Jan Vagedes: Ein grippaler Infekt kündigt sich eher „harmlos“ an mit „Kratzen im Hals“, leichter Abgeschlagenheit, Schnupfen, Heiserkeit, leichter Temperaturerhöhung oder leichten Kopfschmerzen. Eine Grippe dagegen hat meistens einen schlagartigen Beginn, das Fieber ist eher hoch, man fühlt sich wie „in die Knie gezwungen“ und deutlich abgeschlagen. Da bei Kindern das Immunsystem noch nicht voll entwickelt ist, erkranken sie öfter an grippalen Infekten. Wie oft ist normal?
Vagedes: Bei Erwachsenen geht man von ein bis drei, bei 8 bis 10 Jährigen etwa von drei bis fünf und bei Kleinkindern von fünf bis acht grippalen Infekten im Jahr aus.
fratz&co: Wann soll man unbedingt zum Arzt?
Dr. Jan Vagedes: Bei Säuglingen, Kleinkindern, Schwangeren und älteren Personen bzw. bei Patienten mit Grunderkrankungen (z.B. chronische Herz- oder Lungenerkrankungen, Immunschwäche) und natürlich sonst bei schlechtem Allgemeinzustand oder Bewusstseinsstörungen.
fratz&co: Was ist ihr „Lieblingsrezept“ um sich und seine Kinder vor Grippe- und Erkältungsviren zu schützen?
Dr. Jan Vagedes: Mit Allgemeinmaßnahmen wie einer gesunden und ausgewogenen Ernährung, Bewegung an der frischen Luft, Kleidung, die eine gute Wärmeregulation ermöglicht, genügend kindgerechtem Spielen (wohl dosiertem Mediengebrauch) oder auch ausreichendem Schlaf, kann man das Immunsystem des Kindes schon sehr gut stärken. Ergänzend können verschiedene Präparate aus der Naturheilkunde, die z.B. Sonnenhut (Echinacea) enthalten, dem Kind gegeben werden. Nicht nur während der Erkrankung, sondern natürlich auch sonst bleibt eins der wichtigsten „Immunstimulanzien“ die innere Zuwendung und Liebe zu dem Kind.
fratz&co: Ist eine alljährliche Grippe-Impfung, aus ihrer Sicht, bei Kindern notwendig?
Dr. Jan Vagedes: An sich können Kinder ab dem sechsten Lebensmonat geimpft werden, was aber in der Regel nicht nötig ist. Anders verhält es sich bei Kindern mit einer Grunderkrankung (chronische Lungen-, Herz-, Stoffwechsel-, Nierenerkrankung oder Immunstörung), bei denen die STIKO (= ständige Impfkommission, Anm.) eine Impfung empfiehlt.
Tipp zum Weiterlesen
Jan Vagedes, Georg Soldner, „Das Kindergesundheitsbuch“, Kinderkrankheiten ganzheitlich vorbeugen und heilen, Gräfe und Unzer Verlag, München. ISBN 978-3-8338-0416-8
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