Islamisches Gymnasium

sagt Kenan Ergün, der Schulerhalter des islamischen Gymnasiums in Wien. Insgesamt gibt es in Österreich zwei islamische Volksschulen, ein islamisches Gymnasium und eine islamische Fachschule für soziale Berufe sowie eine islamische Religionspädagogische Akademie.
Christine Glaser

Solidarisch miteinander

Das islamische Gymnasium ist die einzige muslimische Allgemeine Höhere Schule im deutschsprachigen Raum. Es ist eine konfessionelle Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht. Die Schule gibt es seit dem Schuljahr 1999/2000 und wurde mit Hilfe des Vereins Solmit gegründet.
“Solmit” bedeutet solidarisch miteinander. Das Ziel des Gymnasiums ist, als Brücke zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen zu fungieren. Jedes Jahr werden als Zeichen der Verbindung Feste von den SchülerInnen des islamischen Gymnasiums für andere nicht-muslimische Schulen organisiert, wie zum Beispiel das Nachbarschaftsfest.

“Wir haben alles ausgestellt, was wir im Unterricht gemacht haben, Zeichnungen und Skulpturen. Dann haben wir noch türkische und tunesische Spezialitäten gekocht”, erzählt Marina, eine Schülerin des islamischen Gymnasiums.

Computer, TV und Schule

Bis auf den Turnunterricht sind alle Klassen gemischt. “Der Turnunterricht ist sehr wichtig, denn die Schüler bewegen sich viel zu wenig”, betont Kenan Ergün. Das ist nichts Neues: Auch die muslimischen Kids beschäftigen sich in ihrer Freizeit lieber mit Computerspielen und Fernsehen.
Bewegung findet nur noch durch Mausklick statt oder über die Fernbedienung egal, ob Burschen oder Mädchen. “Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern gibt es nicht”, sagt einer der Nachmittagsbetreuer.

“Im Gegenteil, die Mädchen sind sogar sehr dominant und lassen sich von den Burschen nichts sagen”, erzählt er weiter. Die Nachmittagsbetreuung ist im Schulbeitrag, den die Eltern monatlich zahlen, inkludiert.

160 Euro Schulbeitrag – für viele Eltern zu teuer

Pro Monat wird ein Schulbeitrag von 160 Euro pro Schüler verlangt. Damit versucht die Schule ihre Erhaltungs- und Personalkosten zu decken. “Wir haben finanzielle Probleme, es wird ständig dazugebaut.
Der Beitrag liegt im untere Bereich, im Vergleich zu anderen Privatschulen, aber es gibt Eltern, die sich auch das nicht leisten können. Wenn Eltern unbedingt wollen, dass ihr Kind hier in die Schule geht und sie sich das nicht leisten können, dann werden wir eine Lösung finden”, sagt der Schulerhalter.

Siebzig Prozent der SchülerInnen sind türkischer Abstammung, die anderen kommen aus Tunesien oder Syrien. Die zwölfjährige Emsal zum Beispiel kommt aus Tunesien. Sie trägt ein Kopftuch und spricht fließend Deutsch.

Deutsch hat sie im Kindergarten gelernt. So hatte sie zwar keine Probleme beim Schreiben von Aufsätzen und bei Schularbeiten, aber wegen ihres Kopftuches wurde sie oft verspottet.

Die Unterrichtsprache im islamischen Gymnasium ist Deutsch. Die SchülerInnen lernen neben Mathematik, Deutsch oder Biologie auch Arabisch, das ist der größte Unterschied zu einem staatlichen, nicht-muslimischen Gymnasium.

Eine Schülerin erzählt: “Es gibt eigentlich keinen Unterschied, nur dass wir hier alle die gleiche Religion haben. Wir lernen dasselbe und machen auch sonst das, was andere Jugendliche machen.”

Bildung heißt Reichtum an Wissen

Bildung hat im Islam einen besonderen Stellenwert. “Viele Eltern wollen, dass ihre Kinder einmal Medizin oder Jus studieren. Sie wollen ihnen eine Perspektive geben”, sagt der Schulerhalter.
Das islamische Gymnasium will muslimischen Kindern eine Basis schaffen, damit sie sich in der westlichen Kultur zurechtfinden und eine Zukunft haben. Ein gebildeter Muslim soll aber nicht nur reich an Wissen sein, sondern auch die arabische Sprache beherrschen, um den Koran lesen zu können.

“Bis jetzt haben nur Schüler Arabisch Unterricht bekommen, die Arabisch auch als Muttersprache haben”, erklärt Kenan Ergün. “Aber unser Ziel ist es, dass alle Schüler diese Sprache lernen.”

Pro Woche gibt es zwei Stunden Religionsunterricht oder auch Intensiv-Islamisch Unterricht genannt. Dabei wird Arabisch gelernt und natürlich auch der Koran auf Arabisch gelesen. Die Arabisch- und Türkischlehrer des Gymnasiums sind Native Speakers.

Alle anderen Lehrer werden von der islamischen Glaubensgemeinschaft in Wien entsandt und vom Staat subventioniert. Die Islamische Glaubensgemeinschaft ist der Dachverband der in Österreich lebenden Muslime.

Das Kopftuch ein Zeichen des Glaubens

Schwerpunkt der Schule ist der islamische Ethikunterricht, dabei werden die Werte des Islams vermittelt. Zu den Werten des Islams gehört auch das Kopftuch.
“Das Kopftuch ist ein Symbol unseres Glaubens, den möchten wir Muslime auch nach außen repräsentieren”, erklärt Amina Carla Baghajati, die Medienreferentin der Islamischen Glaubensgemeinschaft.

Das Tragen des Kopftuchs wird auch im Koran thematisiert. So heißt es, die Frauen sollen reichlich Tücher über sich schlagen. Im islamischen Gymnasium tragen aber nicht alle Mädchen ein Kopftuch. “Wir müssen kein Kopftuch tragen, keiner zwingt uns dazu”, sagt Marina. “Das ist hier nicht anders als in einer anderen österreichischen Schule.”

Die Schülerin trägt kein Kopftuch. Der Schulerhalter meint, dass niemand gezwungen wird ein Kopftuch zu tragen, aber es wird im islamischen Ethikunterricht empfohlen.

Islamischer Ethikunterricht und Meinungsfreiheit

Der islamische Ethikunterricht soll einerseits die traditionellen Werte des Islams bewahren und andererseits den muslimischen SchülerInnen auch andere Kulturen und Verhaltensweisen vergegenwärtigen. So wird das Verhalten gegenüber den Mitmenschen gelehrt und Akzeptanz und Respekt in Bezug auf andere Religionen und Kulturen vermittelt.
“Der Islam schreibt niemanden etwas vor. Der Mensch ist gedanklich frei und darf seine Meinung immer und überall äußern. Natürlich wird das in manchen Ländern unterdrückt”, sagt die Medienreferentin.

Gedankenfreiheit und freie Meinungsäußerung sind auch im islamischen Gymnasium von großer Bedeutung. So wird den SchülerInnen beigebracht, dass sie auch andere Meinungen akzeptieren müssen.

Das fängt schon bei ihren Mitschülern an. “Da kann es auch Diskussionen geben”, sagt Kenan Ergün “Die Kinder bekommen von zuhause bestimmte Werte mit. Das gibt es in jeder Schule. Damit müssen wir und die Schüler lernen umzugehen, weil dies in der Gesellschaft verlangt wird.”

Das islamische Gymnasium möchte muslimischen Kindern ein Rüstzeug geben, um sich in einer nicht-muslimischen Gesellschaft eingliedern zu können ohne ihre Identität zu verlieren. Kenan Ergün spricht von gesellschaftlichen Vorteilen: “Unsere Schüler haben im Vergleich zu ihren Eltern viel mehr Bildungsmöglichkeiten.

Je mehr sie über verschiedene Kulturen wissen, desto mehr Toleranz können sie gegenüber anderen Nationalitäten und Religionen entwickeln. Die Kommunikation wird besser und Konflikte können schneller erkannt werden. In Österreich haben sie die Möglichkeit zu studieren und einen Job zu finden.”

Foto: ZouZou – shutterstock.com

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