Abstillen leicht gemacht

Lars, acht Monate, gluckst zufrieden. Ich habe ihn gerade gestillt. Vor seinem Bett sitzend seufze ich: Gegen Ende des Monats heißt’s abstillen. Vor wenigen Monaten hätte ich nicht für möglich gehalten, dass dabei Abschiedsschmerz aufkommt. Ein Blick zurück …

Früher oder später hört es jede Schwangere einmal: „Stillen ist ganz natürlich“ und „Stillen ist gesund“. Genauere Informationen holt Frau während der Schwangerschaft meist noch nicht ein. Wenn der kleine Schatz erst einmal auf der Welt ist, wird man ihn schon nähren. Ist ja alles ganz natürlich, oder?

Aller Anfang ist schwer

Dass „natürlich“ und „einfach“ nicht ganz dasselbe sind, merkt so manche Neo- Mami spätestens beim so genannten „Milcheinschuss“: Die Brust ist prall, das Baby (und Mama) oftmals noch ein wenig ungeschickt. Auch Anfangsschwierigkeiten sind „natürlich“ – es macht Sinn, nicht gleich zu kapitulieren. Schließlich ist keine Nahrung für das neugeborene Kind besser verdaubar, keine Milch so optimal auf die Bedürfnisse des Babys abgestimmt wie Muttermilch. Es lohnt sich also, die Zähne zusammenzubeißen. Das ist durchaus wörtlich gemeint, denn den meisten Frauen tut das Stillen anfangs weh. Einerseits müssen sich die Brustwarzen erst an das ständige Saugen gewöhnen, andererseits muss auch das Neugeborene noch lernen, richtig zu trinken. Die gute Nachricht: Diese Anfangsschmerzen sind bald überwunden, und wenn man aus dem Spital nach Hause kommt, warten schon andere Sorgen …

Und der Alltag?

Viele Babys wollen alle zwei Stunden an den mütterlichen Busen – und verweilen dort auch gerne ein halbes Stündchen und mehr. Je älter das Baby, desto größer werden die Abstände, oft pendelt sich ein Vier-Stunden-Takt ein – ein Rhythmus, mit dem die Mutter stets mithalten muss. Das kann auch belasten. Einerseits ist Stillen ja praktisch, weil Mama die Milch stets bei sich führt. Was aber, wenn sie das Baby nicht mit hat, sprich: Termine alleine wahrnehmen muss (oder gar ausgehen will)? Einzige Lösung: Abpumpen. Auch hier gilt: Übung macht den Meister. Und eine gute (elektrische!) Milchpumpe hilft dabei. Achtung: Vor der ersten Trennung genau informieren, wie viel Muttermilch das Baby pro Mahlzeit braucht (je älter, desto mehr).

Was, wenn das Stillen nicht klappt?

So weit, so gut. Und wenn das Stillen trotz aller Bemühungen nicht funktioniert? Oder die Mutter, aus welchen Gründen auch immer, nicht stillen möchte? Kein Grund, ein schlechtes Gewissen zu haben. Dank moderner Säuglingsnahrung werden heutzutageauch nicht gestillte Babys gut ernährt. Bleibt die entscheidende Frage: Wie merkt Mama, dass das Stillen nicht richtig klappt? Wenn das Baby trotz regelmäßigen Anlegens alle zwei Stunden nicht 150 Gramm pro Woche zunimmt, weiß Stillberaterin Barbara Müller, ist es Zeit zum Zufüttern. Flaschennahrung ersetzt nun teilweise den mütterlichen Busen. Oft ist das aber schon der Anfang vom Ende der Stillbeziehung …

Beikost

Und auch wenn’s wunderbar klappt: Spätestens im siebenten Monat sollte man mit dem „Zufüttern“ beginnen. Der Vitamin- und Nährstoffbedarf des Babys wird nun nicht mehr ausschließlich durch Muttermilch gedeckt. Beikost steht auf dem Speiseplan. Mit einigen Löffeln „Frühkarotten“ beginnt der lange Weg zur festen Nahrung. Danach gibt’s wie gehabt Busen oder Fläschchen. Schön langsam wird das Baby mit verschiedenen Nahrungsmitteln vertraut gemacht. Zuerst Frühkarotten, dann Karotten (oder Kürbis) mit Kartoffeln, später kommt Fleisch dazu. Schließlich vormittags Obst und nachmittags Obst mit Getreide. Bleibt noch das Stillen (bzw. Fläschchen) morgens, abends – und in der Nacht …

Abstillen

Irgendwann ist es dann soweit. Mama will (oder muss) ganz abstillen. Aber wie? Jedenfalls langsam: Weder für das Baby noch für die Mutter (Achtung: Milchstau!) ist es ratsam, die Stillbeziehung abrupt zu unterbrechen. Wenn man behutsam vorgehen will, kann man eine Stillmahlzeit pro Woche durch andere Nahrung ersetzen. Grundsätzlich gilt: Je seltener das Kind an der Brust saugt, desto weniger Milch wird produziert. Muss rasch abgestillt werden, helfen Medikamente. Expertin Barbara Müller hat auch Tipps für „natürliches Abstillen“ auf Lager: „Pfefferminztee mindert die Milchproduktion. Schon eine Tasse pro Tag wirkt abstillend. Gut ist es auch, nach dem Stillen Coolpacks auf die Brust zu legen (niemals auf die Brustwarze selbst!). Zuerst zehn Minuten, dann eine Pause von zehn Minuten einlegen und den Vorgang dreimal wiederholen.“ Mit dem Abstillen ist eine ganz spezielle Lebensphase abgeschlossen. Ein Grund, wehmütig zu sein? Ein bisschen, vielleicht. Aber jedenfalls ein Grund, stolz auf sich zu sein: Sie haben Ihrem Kind einen guten Start ins Leben ermöglicht!

 

Problemfälle

Variante 1: Mama will abstillen, Baby verweigert andere Nahrung

Auch wenn es trivial klingt: Bleiben Sie möglichst cool. Verfolgen Sie Ihr Ziel konsequent. Die lieben Kleinen haben nämlich einen Sensor für mütterliche Unsicherheiten. Immer wieder Fläschchen oder Brei anbieten. Notfalls soll eine andere Bezugsperson füttern, damit der verführerische Busen außer Reichweite ist. Um dem Baby (und der Mutter) den schwierigen Abschied zu erleichtern, ein Geheimtipp: Bachblüten! 4-mal 4 Tropfen täglich von einer Mischung der Blüten Star of Bethlehem, Walnut, Chicoree, Rockrose, Honeysuckle (jeweils 3 Tropfen auf insgesamt 30 ml Wasser in der Apotheke mischen lassen) helfen dem Baby.

Variante 2: Baby verweigert plötzlich die Brust, Mama platzt der Busen

Da hilft nur Abpumpen (und zwar so viel, dass der Druck weg ist) oder Ausmassieren. Die Brustmassage sollte man sich einmal zeigen lassen – am besten schon auf der Geburtsstation danach fragen! Unter der Dusche geht es am besten: Zuerst warmes Wasser fließen lassen, das fördert die Durchblutung und öffnet die Milchgänge. Dann massieren. Zum Abschluss kalt duschen, um Gefäße wieder zusammenzuziehen (Achtung: nicht mehr massieren). Wenn Baby nicht trinken will, muss die Brust vollständig entleert werden: Denn sonst kommt es zum Milchstau und in der Folge möglicherweise zu einer Brustentzündung. Kontaktieren Sie eine Stillberaterin (in Notsituationen auch die geburtshilfliche Ambulanz)!

 

Dr. Birgit Mosser-Schuöcker

Foto: pixabay_JonathanHammond

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