Wenn bei der Babyernährung Essprobleme auftreten

Ein zartes Baby, rundum gesund. Nacht für Nacht wurde es von seiner Mutter schlafend aus dem Bettchen geholt und bekam den Schnuller des Fläschchens zwischen die Lippen gepresst.

Der Beweggrund der Frau Mama: Das Kind sollte doch endlich mehr trinken und zunehmen (so bausbäckige kleine Erdenbürger hat sie schon immer süßer gefunden…). Ein Extrembeispiel natürlich. Eines ist aber auch klar. Hinter solchen realen Situationen verbirgt sich mit Sicherheit u. a. eines: Unsicherheit.

Unsicherheit darüber, was ein Baby tatsächlich an Nahrung braucht, um sich gut zu entwickeln (das wird häufig überschätzt!). Unsicherheit auch darüber, wie viel Essensverweigerung noch normal ist, und wann es bedenklich wird.

Vielesser – Suppenkaspar

Natürlich gibt es auch das andere Extrem, die kleinen “Vielesser”, die nie genug zu bekommen scheinen. Deren Eltern quälen nicht selten Bedenken über die Speckringe, die der Liebling im Laufe der Monate sammelt. Werden diese wieder vergehen? – fragen sie sich. Dürfen Babys so viel essen bzw. trinken, wie sie wollen? Oder sollte man den Essgelüsten gegensteuern?
Zunächst festgehalten sollte werden: Viele Säuglinge bis zum 6. Lebensmonat erbrechen oder spucken häufig, ohne dass der Grund in falscher Stilltechnik oder Ernährungsweise zu suchen ist. Noch kein Kind ist als Suppen-(bzw. Milch-)Kaspar zur Welt gekommen.

Wenn ein Kind immer wieder das Essen verweigert, sind oft äußere Ursachen im Spiel. Grundregel Nummer 1 ist: Essen soll schon den Kleinsten immer ein Vergnügen sein. Die Sorge der Eltern ist freilich oft, dass ihr Spross schon etwas Untergewicht hat, dass seine Gesundheit doch in Gefahr ist, wenn es nicht ordentlich isst. Kinderärzte sind da aber meist anderer Meinung. Man weiß, dass bei größeren Kindern übergewichtige sogar anfälliger sind für Erkrankungen als leicht untergewichtige.

Was würde nun passieren, wenn die Mutter ihre ängstliche Besorgnis ums Essen ihres Kindes aufgäbe? Das aufs Essen gedrillte Kind würde wahrscheinlich erstmals das Gefühl eines Bärenhungers kennen lernen und dann wohl auch darauflos futtern. Es kommt einfach nicht vor, dass ein gesundes Kind verhungert, weil man es nicht ständig zum Essen ermahnt. Und, so Dr. Tichatschek: “Es gibt eigentlich keine Möglichkeit einen Säugling oder ein Kleinkind zum Essen zu zwingen!”

Glauben Sie Ihrem Kind, wenn es zeigt, dass es satt ist.
In der Regel funktioniert der Hunger-Sättigungs-Mechanismus bei Babys noch tadellos. “Streckt ein Kind die Zunge heraus, dreht den Kopf auf die Seite und schüttelt ihn heftig, oder taucht den Löffel weg, sind dies sicher Anzeichen für “Ich mag nicht mehr!”, erklärt der Kinderarzt.

Wenn Essen zur Sucht wird

Auch das umgekehrte Extrem, wenn Essen zur Sucht wird, hängt oft mit frühesten Kindheitserfahrungen zusammen. Das Baby, das gestillt oder mit der Flasche gefüttert wird, wird dadurch nicht nur satt. Es erfährt Zärtlichkeit, Wärme, Hautkontakt, Beruhigung.
Das ist auch gut so. Nach und nach lernt das Kind aber, die verschiedenen Bedürfnisse (auch) getrennt zu befriedigen. Wenn das Kind dagegen Trost, Zärtlichkeit und geduldige Aufmerksamkeit immer nur im Zusammenhang mit Essen oder Trinken erfährt, könnte damit der Grundstein dafür gelegt werden, dass es sich – auch später als Erwachsener – bei seelischen Problemen alles mögliche in den Mund stopft, anstatt das Gespräch zu suchen.

Die Folge ist “Kummerspeck”. Lieber mal im Eifer des Spiels das Essen vergessen, als vor lauter Engagement für die optimale Ernährung keine Zeit zum Spielen und Schmusen haben…

Wann ist das Baby nun aber wirklich satt?
Diese Frage beschäftigt die meisten jungen Eltern. Bei einem Kind, das nur gestillt wird, muss man sich grundsätzlich keine Sorgen machen, wenn es gut genährt, “rosig”, rund und pummelig ist. Selbst wenn die Mahlzeiten lange dauern – das Baby trinkt immer nur so viel, wie es gerade braucht. Setzen Sie es auf keinen Fall auf “Milchentzug”.

Es würde sonst vor Hunger schreien und schlecht gedeihen.
Jedes Baby hat seinen eigenen Trinkhythmus. Man kann ohne Zweifel zwischen besonders hungrigen und eifrigen Babys unterscheiden, die schneller vorankommen, während die “Trödler” grundsätzlich langsam und mit vielen Pausen trinken. Deshalb bringt es auch nichts, die Säuglinge miteinander zu vergleichen. Lassen Sie Ihr Baby auf jeden Fall so lange trinken, wie es möchte. Und stillen Sie es erst dann wieder, wenn es sich meldet.

“Es gibt eindeutige Anzeichen dafür, dass Ihr Baby ausreichend trinkt: Es macht einen gesunden und wachen Eindruck, nimmt regelmäßig an Gewicht zu und hat fünf- bis sechsmal am Tag nasse Windeln”, fasst Stillberaterin Kern zusammen. “In den ersten 4-6 Wochen sollte ein voll gestilltes Baby mind. 3x täglich Stuhl haben. Später kann es auch 7-10 Tage aussetzen.”

Und das Fläschchen

Beim Fläschchen ist die Zubereitung nach Plan sehr wichtig. Wenn Ihr Baby in den ersten vier Monaten 5 Fläschchen am Tag trinkt und Sie geben pro Fläschchen nur einen gehäuften Teelöffel Pulver mehr dazu, dann würde es über diesen Zeitraum insgesamt 14.000 Kalorien mehr zunehmen. Das sind etwa 2 Kilogramm Körperfett.
Nehmen Sie dagegen zu wenig Pulver, ist die Milch zu “dünn”. Ihr Baby bekommt weniger Kalorien und Nährstoffe, als es braucht. Es nimmt ab und gedeiht schlecht. Die Angaben des jeweiligen Herstellers auf der Verpackung sind eine Orientierung für Sie, wieviel Milch und wie viele Fläschchen Ihr Baby täglich braucht.

Halten Sie sich aber nicht sklavisch daran. Auch hier gilt: Zwingen Sie Ihr Baby nie, das Fläschchen zu trinken oder es ganz zu leeren, wenn es offensichtlich nicht mag. Eine Faustregel (wiederum nur als Richtwert) ist: Babys trinken etwa 140-180 ml Milch pro kg Körpergewicht und Tag.

“,Pre” Nahrungen und Anfangsnahrungen mit der Zahl ,1’ können im ganzen ersten Lebensjahr gegeben werden. Sogenannte Folgenahrungen mit der Zahl ,2’ enthalten mehr Zucker und Eiweiß und führen leichter zu überflüssigen Fettpölsterchen”, hebt Anne-Marie Kern hervor.

Auch Erbanlagen beeinflussen das Gewicht, aber sie bestimmen es nicht

Jedenfalls ist – sobald das Baby Beikost bekommt – falls auch die Eltern zu erhöhtem Gewicht neigen, größere Vorsicht geboten, als wenn sie gertenschlank sind. Sinnvoll ist, auf eine zu hohe Fettaufnahme zu verzichten.
Also den Gemüsebrei nicht mit viel Schlagobers und Butter abschmecken, magere Wurst- und Fleischsorten bevorzugen, und wenn das Kleine schon Süßigkeiten bekommt, dann besser Gummibärchen als Schokolade. Vorsicht ist bei Milchbrei geboten: Untersuchungen haben ergeben, dass eine zu frühe Fütterung davon eine der Hauptursachen für Übergewicht bei Säuglingen ist.

Da sich auch Schlankheit vererbt, würde sich bei Kindern sehr schlanker Eltern oft ein bisschen mehr Gewicht auf der Waage gut machen. Sie können unauffällig ein paar zusätzliche Kalorien ins Essen schummeln, indem Sie es z. B. mit Butter, Schlagobers, Öl oder geriebenen Nüssen verfeinern. Achten Sie aber auch gerade bei dünnen Kindern auf eine abwechslungsreiche, gesunde Nahrungszusammenstellung. Kalorien um jeden Preis sind keinesfalls das Richtige.

Essen als sinnlicher Genuss

Essen ist eigentlich ein sinnlicher Genuss. Bereits der Gebrauch von Besteck schafft Distanz, und das Ansinnen “ordentlich” zu essen führt insbesondere bei den unter Einjährigen immer weiter weg von der selbstverständlichen Lust.
Gönnen Sie es Ihrem Kind ruhig einmal ein bisschen herumzuferkeln. Gute Tischmanieren lernt es mit der Zeit von selbst, die Vorbildwirkung der Eltern ist dabei am wichtigsten. Grundsätzlich brauchen Babys nicht jeden Tag einen neuen Brei und auch kein “Schnick-schnack rundherum”.

Selbstgemachte und fertige Babykost haben ihre Pluspunkte, es liegt an Ihnen oder besser an der Vorliebe Ihres Babys, was Sie bevorzugen bzw. wie Sie kombinieren. Mit Liebe ein wenig verziert – z.B. der Getreidebrei mit einem Gesicht aus Früchten – fasziniert aber auch die Kleinsten schon, selbst wenn sie das kleine Kunstwerk am Teller wahrscheinlich schnell zerstören.

Foto: Australis Photography/Shutterstock





Related Stories
Search Posts