Burnout bei Müttern

Von der Unmöglichkeit, an drei Orten gleichzeitig zu sein; vom schlechten Gewissen, keine gute Mutter zu sein; von der Ohnmacht, alles unter einen Hut zu bringen;  vom sinnlosen Streben, überperfekt zu sein.  Und von den Folgen eines derartigen Strebens: dem totalen Breakdown. Viele Mütter fühlen sich ausgebrannt und antriebslos: Burnout-Effekt, ein untrügerisches Anzeichen dafür, hurtig einen Gang zurückzuschalten.

Wer ständig unter im Wettlauf mit der Zeit ist, von Termin zu Termin hetzt und großem Erfolgsdruck ausgesetzt ist, setzt seine Gesundheit leichtfertig aufs Spiel. Neben Bluthhochdruck, Herzinfarkt und anderen Stresssymptomen gehen auch langsam aber sicher die Batterien aus: Einem massiven “Burn-out”-Risiko sind jedoch nicht nur gestresste Manager ausgesetzt.

Auch viele Mütter tragen Belastungen, die direkt in den totalen Zusammenbruch führen können. “Ein Burn-out-Syndrom kann sich schleichend, über viele Jahre hinweg entwickeln. Bei Müttern entsteht diese Situation meist auf Grund des erhöhten Erwartungs- und Perfektionsdrucks”, so die klinische und Gesundheitspsychologin Mag. Brigitte Benczak.

Während ein Burn-out-Syndrom üblicherweise eine Reaktion auf emotionale Belastungen ist, die hauptsächlich durch beruflichen Druck hervorgerufen werden, ist es bei Müttern meist die Tatsache, dass sie keinen 8-, sondern einen 24-Job leisten.

“Die große Schwierigkeit dabei ist der mit der Mutterschaft verbundene Rollenkonflikt”, so Mag. Benczak. “Frauen müssen viele Rollen erfüllen: im Job, in der Partnerschaft und als Mutter. In diesem System gibt es für die Betroffene sehr wenig Spielraum für das eigene Frausein und wenig Möglichkeiten, die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen.”

X-fach Belastungen einer Mutter

Mit dem alltäglichen Versorgen der “Brut” ist es ja meist noch nicht getan. Schließlich brauchen die Kinder neben regelmäßigen Mahlzeiten und Hygienemaßnahmen auch persönliche Zuwendung, wollen speziell gefördert werden und müssen auch manchmal zum Arzt oder zum Friseur.

Wer diesen Part in einer Partnerschaft auch heute noch zum Großteil übernimmt, ist wohl klar: Der, der ebenfalls auf die weibliche Zuwendung und Anbetung lauert und gelegentlich auch ein warmes Essen serviert bekommt, sicher nicht. Schließlich ist es nach wie vor meist in Mutters Händen, wo der Sprössling seine Kindergarten- und Schulkarriere beginnt. Klar, dass sie ihn dort auch selbst anmeldet.

Kein Wunder, dass Mütter vielfach Getriebene ihres eigenen Ehrgeizes sind. Körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung sind die Folgen. “Ihnen muss man klarmachen, dass sie keine Versager in der Mutterrolle sind, wenn sie “nur” einen Acht-Stunden-Tag absolvieren”, so die Fachfrau.

Kein Platz für Gefühle

Bei derartigem Pflichtbewusstsein kommen die eigenen Interessen freilich zu kurz. “Durchbeißen” heißt das Motto, wenn ein Drei- und eine Fünfjährige den Tagesrhythmus bestimmen. Kein Platz ist da meist für Mamas Tränen, Erschöpfung, für ihre Gefühle, geliebt werden zu wollen oder selbst zu lieben.
“Ich kenne dieses Gefühl kaum mehr, habe auch kein gesteigertes Bedürfnis nach Zärtlichkeit”, formuliert Ines ihre derzeitige Gefühlswelt. “Wenn mal Zeit zum Durchatmen ist, ist es für mich das Schönste, mich hinzusetzen und in irgendeiner anspruchslosen Zeitung zu blättern. Diese Momente sind ohnedies eher selten.

Die Bande fordert ihren Tribut einigermaßen Massiv ein und außer zu Kinderversorgen komme ich zu gar nichts.” Ines war in ihrem Beruf als PR-Assistentin durchaus erfüllt. Ihre Vorgesetzten waren hoch zufrieden mit ihrer Arbeit, sie zeichnete sich durch Kreativität, Spontanität und gute Ideen aus und war eine echt gute Teamworkerin.

Das Team gibt es jetzt auch. Es sind vier Familienmitglieder. Der “einzige”, klitzekleine Unterschied zum Job ist lediglich: Wenn sie früher etwas zur Zufriedenheit des Teams erledigte, gab es Lob. Heute ist alles selbstverständlich geworden.

“Manchmal hab ich mir schon gedacht: warum tust du dir das alles an; eigentlich kann ich nicht mehr. Und Harry ist auch nicht wirklich eine Unterstützung. Arbeitet bis spät abends oder ist auf Dienstreisen oder Auswärtsterminen. Er macht seinen Job weiter wie bisher. Ich nicht”, klingt ein Hauch Resignation durch.

“Diese Mütter müssen lernen, sich selbst wichtig zu nehmen”, sagt Mag. Benczak, “das hat nichts mit Egoismus zu tun. Vielmehr müssen wir es lernen, nicht alles auf unsere Schultern zu laden. Wir werden auch geliebt, wenn wir nicht perfekt sind”, plädiert die Fachfrau für mehr Lebensqualität.

Schleichender Energieverlust

Ein Burn-out ist jedoch keine Krankheit, die wie Masern oder Grippe von einen auf den anderen Tag ausbricht. Er tritt meist dann ein, wenn die beruflichen oder privaten Anforderungen erfüllt werden, der persönliche Schutzfaktor jedoch die nötigen Energien nur schwer wieder aufbringen kann. Die Angst, als nicht leistungsstark zu gelten, ist ein Faktum, das über die Warnsignale leicht hinwegsehen lässt.

Wer sich ein paar Tage lang müde, schlapp und ausgebrannt fühlt, leidet wahrscheinlich noch nicht an einem Burn-out-Syndrom. Diese Symptome könnten, treten sie häufiger auf, jedoch ein massives Zeichen für ein beginnendes Burn-out-Syndrom sein.

“Das Charakteristische dabei ist, dass sich die Patienten meist nicht eingestehen wollen, dass sie an Erschöpfung leiden. Meist sind diese Menschen höchst aktiv, lässt diese Aktivität jedoch nach, tritt eine Erschöpfungsphase ein und es erfolgt der totale Rückzug.”

Eine Reihe von Warnsignalen signalisieren, dass akuter Handlungsbedarf gegeben ist: “Burn-out-Betroffene haben oft starke Stimmungsschwankungen, sind ruhelos, ihre Kreativität ist herabgesetzt. Oft leiden sie an Schlafstörungen, Muskelverspannungen und Depressionen. Diese Symptome können sich stark auf die Gesundheit schlagen, zu psychischen Beschwerden und physischen Krankheiten führen.

Wer derartige Veränderungen bemerkt, sollte sofort reagieren, denn je weiter die Symptome fortgeschritten sind, desto eher bedarf es professioneller Hilfe. “Burn-out-Patienten leiden meist an Erkrankungen im Magen-Darm-Bereich, aber auch das Auftreten von Migräne ist in dieser Gruppe häufiger,” so Gesundheitspsychologin Benczak.

Maßnahmen bei Burn-out Syndrom

Sie rät allen Betroffenen, entsprechende Gegenstrategien zu entwickeln und zunächst einen Check-up der Ist-Situation zu machen. “Fragen Sie sich, ob es bestimmte Faktoren gibt, auf Grund derer Ihr Leidensdruck zunimmt.

Im Unterschied zu Stress ist Burn-Out eine dauerhafte Störung des vegetativen Nervensystems. Im Fall von Stress findet der Betroffene meist nach der Stresssituation wieder die normale Balance. Bei Burn-Out ist die körperliche Disharmonie und Disbalance chronisch geworden.

Vor allem Mütter, die ihr Leben mit Job, Partner und Kindern organisieren müssen, sollten sich um eine effiziente Entlastung kümmern. Eine gute Kinderbetreuung, ein effizienter Zeitraster, in dem auch terminfreie Zonen ihren Platz haben, sind unumgänglich”, rät die Expertin.

“Für Frauen ist es auch immens wichtig, den Perfektionsdrang, alles alleine und perfekt organisieren zu müssen, abzulegen. Partnerschaftliche Anerkennung und gelegentliches Lob sind ebenso wichtig wie gute Gespräche mit dem Partner. “Burn-out bei Müttern kann jedoch auch auf Grund von Unterforderung entstehen”, so die klinische Psychologin, “wenn sich Mütter plötzlich ausschließlich auf diese Rolle reduziert fühlen, kann dieser Effekt ebenfalls eintreten.”

Entspannung, effizientes Zeitmanagement und vor allem ein klares Ausformulieren der eigenen Bedürfnisse ist jedoch die ideale Prävention vor Burn-out. Mit Entspannungstechniken wie Muskelentspannung nach Jacobson kann man im frühen Stadium noch gut gegensteuern, “ist die Situation jedoch schon eskaliert, helfen meist Entspannungstechniken allein nicht mehr”, so Benczak, “in diesem Fall sollte man professionelle Hilfe im Rahmen einer Therapie in Anspruch nehmen.”

Fünf Strategien gegen das Burnout-Syndrom

1.Setzen Sie Ihre eigenen Grenzen fest.
2. Setzen Sie Prioritäten
3. Verzichten Sie nicht auf Ihre eigenen Interessen (Stichwort “gesunder Egoismus”)
4. Delegieren Sie Verantwortung, statt sie allein zu tragen
5. Versuchen Sie nicht, die perfekte Übermutter zu sein. Die gibt es in der Realität nicht.

 

 

Foto: pixabay/Ulrike May

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Wie Sie die Gefahr erkennen – typische Burnout-Symptome:

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