Kinderklettern

Sportklettern – nur für kleine Akrobaten

Nicht immer zur reinen Freude der besorgten Erzeuger. Sehen diese doch ihre wohlbehüteten Mini-Messners mindestens mit gebrochenen Knochen am Wandfuß liegen. Dabei hat Sportklettern heute mit der klassischen “Mit Seil und Haken – Bergkameraden sind wir”-Nummer nicht mehr gemeinsam als dass es aufwärts geht. Nicht der Gipfelsieg mit allen Mitteln steht im Vordergrund, sondern der Weg ist das Ziel.
Geklettert wird auf niedrigen Felsen, entlang gut gesicherter Routen, oder überhaupt in der Kletterhalle. Entscheidend dabei ist nicht die Höhe der Wand, sondern deren Schwierigkeitsgrad. So gleicht eine Wand im 10. Grad einer nach oben hin offenen Skala bereits einer schlecht tapezierten Raufaser-Tapete. Die Gefahr in solch steilem oder überhängendem mit wenig Griffen und Tritten ausgestatteten Gelände zu stürzen ist natürlich relativ hoch.

Die gute Nachricht: Es passiert dabei – von leichten Hautabschürfungen abgesehen – nichts. Denn Sportkletterer sind schließlich keine Suizidkanditaten: Ergo sind die meisten Routen mit bombensicheren Bohrhaken versehen. Diese Sicherungshaken werden mittels eines Spezialklebers in einem gebohrten Felsloch fixiert. Die Anzahl der Sicherungspunkte ist dem Gelände entsprechend angepasst.

Nach vollbrachter Tat oder wenn man feststellt, dass die gewählte Route doch ein paar Schuhnummern zu groß ist, wird man vom Kletterpartner wieder abgelassen. Dabei steht man mit den Beinen normal zur Wand, den Rücken dem Abgrund zugeneigt, und geht schrittweise wieder herunter, während der Sichernde das Seil langsam nachlässt. Für Neulinge führt das zu einem leichten Adrenalinstoß mit zugehörigem Schwitzhändchen, tatsächlich ist es aber völlig ungefährlich.

Nicht immer kommt alles Gute von oben und beim Klettern trifft das schon gar nicht zu. Eine der wenigen objektiven Gefahren beim Sportklettern, vor allem in brüchigem Gestein, ist der Steinschlag. Falls man die mühsam erlernten Differentialgleichungen nicht einer Amnesie opfern möchte, sollte man es sich zur Gewohnheit machen gut behelmt durchs Gelände zu kraxeln.

Auf senkrechten oder überhängenden Wänden ist die Chance getroffen zu werden allerdings ohnehin sehr reduziert, da die Steine meist weit von der Wand abspringen, aber sicher ist sicher. Leichtsinn, Größenwahn und mangelnde Kenntnisse im Umgang mit den Sicherungsgeräten stellen eine wesentlich größere Gefahrenquelle beim Klettern dar.

Die Ausbildung zum Kletterer

Schließlich ist Sportklettern keine Handarbeitsstunde, das heißt, die Knoten müssen genau passen, sonst gefährdet man sich und andere. Eine fundierte Ausbildung, bei der unter Anleitung das Selbst- und Partnersichern vermittelt und hundertfach geübt wird, ist beim Klettern die beste Lebensversicherung. So hat sich auch der Österreichische Gebirgsverein auf die ständig wachsende Zahl von minderjährigen Felsjüngern eingestellt und veranstaltet eigene Kinder- und Jugendkletterkurse.
Sechs Jahre sollte man zumindest alt sein um einen Kletterkurs zu besuchen. Ungefähr 80 Euro sind für einen Semesterlehrgang in der Halle zu berappen. Dafür kann aber die eher kostspielige Ausrüstung ausgeliehen werden. Bevor man sich in “Unkosten” stürzt, ist es allerdings ratsam den kletterfreudigen Nachwuchs einmal ein Schnuppertraining absolvieren zu lassen um festzustellen, ob die Begeisterung für die Senkrechte auch anhält.

 

 

Um den Kids möglichst gerecht zu werden, gibt es zwei Altersgruppen: sechs bis zehn Jahre und elf bis 14 Jahre. Herta Gauster, Jugendtrainerin beim österreichischen Gebirgsverein, empfiehlt Youngsters, die in Zukunft auf eigene Faust klettern gehen wollen, einen Semesterkurs in der Halle sowie einen Wochenkurs im Freien. Mit dieser Ausbildung ist der Grundstock für sicheres, selbstständiges Klettern im Fels und in der Halle gelegt.

Rechtlich gesehen dürfen Jugendliche unter 14 Jahren nur mit einem volljährigen Erwachsenen klettern. Ab dieser Altersgrenze können sie ihrem Sport auch ohne “Big Brother” frönen. Für Klettertouren außerhalb des Kursbetriebs muss man allerdings über eine eigene Ausrüstung verfügen. Wenn man es noch nicht geschafft hat, den Eltern das Equipment für’s Nicht-Durchfliegen in der Schule abzuschnorren oder es sich sonst irgendwie zu verdienen, besteht noch die Möglichkeit die Ausrüstung – mit Ausnahme des Seils – beim Alpenverein auszuleihen.

Aber Achtung: Die Kaution, die zu hinterlegen ist, ist relativ hoch – also genug Geld mitnehmen. Wenn man schon sonst auf Pump klettert, eigene Kletterschuhe sollte man sich wenigstens leisten. Ohne die geht nämlich beim Sportklettern überhaupt nichts. Denn die Zeiten, als ein Heinrich Harrer mit Nagelschuhen die Eiger-Nordwand durchstiegen hat, liegen auch schon etwas zurück.

Kletterschuhe sind heute mit einer speziellen Reibungssohle ausgestattet, die einen nahezu am Fels “kleben” lässt, was das Tritt suchen auf schmalsten Leistchen ungemein vereinfacht. Außerdem werden sie um zwei bis drei Größen kleiner als die eigentliche Schuhgröße gekauft, damit man beim Klettern mehr Gefühl hat. Herta Gauster rät bei Kindern und Jugendlichen allerdings von dieser Praktik ab, erstens, damit das noch weiche Fußskelett keinen Schaden nimmt und zweitens, weil die Schuhe sowieso innerhalb kürzester Zeit zu klein werden. Jugend-Kletterschuhe sind ca. ab 40€ in einschlägigen Geschäften zu haben.

Als Kostenpunkt für eine eigene Mindestausrüstung muss man laut Frau Gauster je nach Qualität mit zumindest 300€ rechnen. Ist also kein ganz billiger Spaß, das Sportklettern; aber ein neues Mountain-Bike kostet auch keinen Pappenstiel und das hippe Snowboard lässt ebenfalls die Bankomatkarte glühen. Die Folgekosten beim Klettern sind dafür eher gering anzusetzen: Schließlich stehen Felsen zum Besteigen überall gratis herum. Außerdem ist Sportklettern wesentlich weniger unfallträchtig und gefährlich als Mountainbiken, Rollerskaten oder Snowboarden. Aber-Psst! – nicht den Eltern weitersagen, sonst’s verliert es noch seinen Reiz.

 

Fotos: altanaka/Shutterstock.com

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