Noten machen Angst

Länder wie Schweden oder Finnland verzichten in den ersten Schuljahren gänzlich auf Noten. In Österreich gibt es schon ab der ersten Klasse Noten. Und diese schaffen vor allem eines: Sie machen Angst – seit 1599.

Am besten ist, es bleibt alles so wie es ist

Das Schulnotensystem wie wir es heute in Österreich kennen, geht auf die Schulpraxis der Jesuiten zurück. In der Studienordnung Ratio atque Institutio Studiorum Societatis Jesu von 1599 über den Umgang mit dem Endurteil aus dem Schuljahr – nach täglichen und wöchentlichen Examen gab es auch jährliche Prüfungstermine – war folgende Anleitung für den Klassenlehrer zu lesen: „In diesem Kataloge unterscheide er möglichst viele Stufen von Schülern: nämlich beste, gute, mittelmäßige, zweifelhafte, sitzen bleibende, ganz zu entfernende. Diese Noten kann man in Zahlen von 1-6 ausdrücken.“(1)

Mehr als 400 Jahre später, gehören Noten in Österreich noch immer zum Schulalltag. Welche Wirkung das Notensystem auf Schüler:innen hat versuchte jüngst das Nachhilfeinstitut LernQuadrat in einer Umfrage unter Österreichs Schüler:innen herauszufinden. Das Ergebnis hat es in sich.

Frust, Trauer, Ärger und Angst

Schulnoten werden von mehr als zwei Drittel der Befragten wichtig genommen und lassen so gut wie niemanden kalt. Fallen die Noten schlecht aus, regieren üblicherweise lange andauernde Frustration (54,1 Prozent), Traurigkeit (45,2 Prozent) und Ärger (36,9 Prozent).

Zusätzlich steigt die Angst vor der nächsten Prüfung, gefolgt von Schlaflosigkeit und Unlust selbst in der Freizeit. Bei mehr als 40 Prozent der Schüler*innen verstärken schlechte Noten die Prüfungsangst, heißt es in der Presseaussendung. Die Noten wirken damit kontraproduktiv auf den Lernprozess, erklärt LernQuadrat-Unternehmenssprecherin Angela Schmidt. Es entsteht eine Negativspirale, die einem sinnvollen Wissenserwerb ebenso im Weg steht wie einer guten Kommunikation zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen. „Bildung und Lernen sollten im Vordergrund stehen, und nicht Schubladisierung und Selektion. Wir würden uns wünschen, dass Noten nicht mehr Angstauslöser, sondern Orientierungshilfe sind und ein Rollenwandel der Lehrkräfte vom Beurteiler zum Lernpartner stattfindet“, so die LernQuadrat-Sprecherin.

 

Keine Motivation

Als Ansporn dienen schlechte Noten selten, gute allerdings auch nicht. Wenn Sie eine schlechte Note bekommen sehen nur 11,6 % der Schüler:innen darin einen Ansporn mehr zu tun. Aber auch in einer guten Noten sehen nur 19,4% der Befragten einen Ansporn. Im Fall einer guten Noten überwiegen Gefühle wie Zufriedenheit (63,8%), Erleichterung und Dankbarkeit (48,2%) sowie Jubelstimmung (37,4%). An den Folgen schlechter Noten leiden Mädchen meist deutlich intensiver und erheblich länger als Burschen. Die Reaktion der Eltern fürchten vor allem die 10- bis 14-Jährigen.

Übrigens: Über schulische Misserfolge wird am ehesten mit Eltern und Freunden, kaum jemals aber mit den Lehrkräften, obwohl doch gerade diese die schlechten Noten verteilt haben, heißt es in der Presseaussendung.

Pflichtbewusst und angepasst

Insgesamt zeichnen die Ergebnisse der LernQuadrat-Umfrage das Bild einer pflichtbewussten und angepassten Schüler*innen-Generation, die sich mit der Existenz von Benotungen irgendwie arrangiert hat. 68,7 Prozent der Befragten nehmen die Benotung richtig ernst, exakt ebenso viele vermuten dies auch von ihren Eltern. Ungerechtigkeiten in der Benotung werden lediglich von 14,0 Prozent beklagt und kommen am ehesten in den Hauptfächern Englisch, Deutsch und Mathematik vor. Die Schuld für einen „Fünfer“ suchen die meisten vor allem bei sich selbst. 45,8 Prozent sind der Meinung, sie hätten dann einfach zu wenig gelernt, 35,4 Prozent geben an, unter Konzentrationsschwächen zu leiden, 32,2 Prozent unter Prüfungsangst, 31,0 Prozent unter dem zu großem Zeitdruck.

 

Folgen der Pandemie Es ist schwieriger geworden

Eine klare Mehrheit der Schüler*innen (58,6 Prozent) ist der Überzeugung, dass es seit Beginn der Corona- Pandemie noch schwieriger geworden ist, gute Noten zu bekommen als vorher. Besonders trifft dies auf die schlechten Schüler*innen zu, deren Leistung unter Lockdowns und Distance Learning wohl überdurchschnittlich stark gelitten hat, heißt es in der Aussendung.

 

Schule ohne Noten?

Eine neue Schule ganz ohne Noten – wie sie etwa in den skandinavischen Länder Schweden und Finnland in den ersten Schuljahren existiert – wäre für 47,2 Prozent der österreichischen Schüler*innen ein Wunschszenario. Allerdings können sich fast 30 Prozent der Befragten überhaupt nicht vorstellen, dass es so etwas geben könnte. Nur eine Minderheit von 8,9 Prozent würden die Benotung ihrer Leistung vermissen.

„Eine aktive Auseinandersetzung mit dem Lernenden und direkte Rückmeldung und Hilfestellung während des Lernens wären jedenfalls deutlich effektiver als das schlichte Benoten am Ende“, fasst Angela Schmidt von LernQuadrat die Erkenntnisse aus der Umfrage zusammen und betont: „Wir würden uns wünschen, dass die Schule ein Ort der Bildung ist, wo die Jugendlichen aus Neugier und Interesse hingehen und Lehrkräfte gerne ihr Wissen weitergeben. Wo alle Voraussetzungen passen, damit Schule ein positiv besetzter Ort für alle Beteiligten sein kann. Dazu sollte man sich aktiv mit dem Thema Noten auseinandersetzen und die Schule in dieser Hinsicht aus dem 18. ins 21. Jahrhundert führen.“

(1) Quelle:  Der Standard: „Wie die Schule kamen“ – zitiert nach „Nicht Genügend … Setzen! Zur Geschichte der Notengebung in Österreich“ von Bildungswissenschafter Bernhard Hemetsberger von der Uni Wien

Bild: pixabay/Gerd Altmann

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